Deutschland 1922/1946
Weimarer Republik
Heinrich Tillessen
Ermordung Matthias Erzbergers
Das Erzberger-Attentat
Deutschland 1922, 1946
1. Prozessgeschichte
Am 29. November 1946 fällte das in Freiburg tagende Landgericht Offenburg ein Urteil, das einem politischen und juristischen Erdbeben gleichkam und große öffentliche Beachtung weit über Deutschland hinaus fand. Unter Bezug auf die nationalsozialistische Straffreiheitsverordnung vom 21. März 1933 stellten die Richter mit Urteil das Verfahren gegen den Erzberger-Mörder Heinrich Tillessen ein.
Matthias Erzberger (1875–1921) war am 26. August 1921 bei Bad Griesbach im Schwarzwald von den ehemaligen Offizieren und Freikorpsmitgliedern Heinrich Tillessen und Heinrich Schulz im Auftrag der rechtsextremistischen antirepublikanischen Geheimorganisation Consul ermordet worden. Mit diesem politischen Mord sollte nicht nur ein führender demokratischer Politiker ausgeschaltet werden, der als Minister und Vizekanzler wesentlich die Entstehung der Weimarer Republik mitgestaltet hatte und der der Rechten als Symbolfigur der verhassten Demokratie galt. Das Attentat zielte nach den Vorstellungen der Auftraggeber auch darauf ab, Demonstrationen und Proteste der politischen Linken und der Gewerkschaften zu provozieren, um so völkischen Verbände und Teilen der Reichswehr einen Vorwand und eine Legitimation für einen Putsch zu bieten.
Den badischen Ermittlern gelang es nach der Ermordung Erzbergers mit Unterstützung aus Württemberg und Preußen, die Täter zu identifizieren und die Hintergründe des von der Münchner Zentrale der Organisation Consul aus gesteuerten Attentats aufzudecken. Doch konnten die beiden Täter mit finanzieller und logistischer Hilfe der Hintermänner in das Ausland fliehen. Bayerische Polizeikreise hatten zudem nicht nur Hinweise auf die drohende Festnahme gegeben. Der Münchner Polizeipräsident Ernst Pöhner, der im engen Kontakt mit dem steckbrieflich gesuchten Anführer der Organisation Consul, Hermann Ehrhardt, stand, hatte den Tätern für die Flucht auch Pässe zukommen lassen. Der Salzburger Polizeipräsident begleitete die beiden persönlich von Bayern nach Ungarn. Zahlreiche andere Mitglieder der Organisation Consul wurden hingegen verhaftet. Vom 7. bis 13. Juni 1922 verhandelte das Schwurgericht Offenburg gegen den direkten Auftraggeber der Tat, Manfred von Killinger, sprach ihn jedoch frei, da die Täter weiterhin flüchtig waren und die Indizienlage den Geschworenen nicht ausreichend erschien. Wenige Tage vor Beginn des Prozesses hatten andere Mitglieder der Organisation Consul angeleitet von Karl Tillessen, einem Bruder des Erzberger-Attentäters, versucht, den Sozialdemokraten und ersten Reichskanzler („Reichsministerpräsident“) der Weimarer Republik, Philipp Scheidemann, mit Blausäure zu töten. Am 24. Juni 1922 gelang es diesen völkischen Antirepublikanern, den deutschen Außenminister Walther Rathenau zu ermorden.
Auch in diesem Fall konnten die Täter identifiziert und die Vorgeschichte aufgeklärt werden. Doch verzichteten Reichsanwaltschaft wie Reichsgericht darauf, die Rolle der Organisation Consul in den anhängigen Verfahren zu erörtern, da diese Teil der „schwarzen Reichswehr“ war, mit der Reichsregierung und deutsches Militär die Rüstungsbeschränkungen des Versailler Friedensvertrags heimlich unterliefen. Die von den Nationalsozialisten initiierte Straffreiheitsverordnung vom 21. März 1933, in der Reichspräsident Hindenburg Strafbefreiung für Straftaten, die „im Kampf für die nationale Erhebung des deutschen Volkes, zu ihrer Vorbereitung oder im Kampf für die deutsche Scholle“ begangen worden seien, verfügte, führte auch zur Einstellung der Ermittlungen gegen die Erzberger-Attentäter. Nach Deutschland zurückgekehrt wurden die beiden als Vorkämpfer der NS-Bewegung geehrt.
Am 3. Mai 1945 verhaftete die amerikanische Militärpolizei in Heidelberg Tillessen, der sich als Mörder Erzbergers zu erkennen gab. Die amerikanischen Besatzer wiesen die deutsche Justiz vor Ort an, ein Strafverfahren durchzuführen, da die Straffreiheitsverordnung durch das Kontrollratsgesetz Nr. 1 betreffend die Aufhebung von NS-Recht aufgehoben worden sei. Nach längeren Abstimmungen um die Zuständigkeit übergab schließlich das Heidelberger Amtsgericht am 15. April 1946 mit Zustimmung der französischen und der amerikanischen Militärregierung das Verfahren an das aufgrund des Tatorts zuständige Landgericht Offenburg.
2. Prozessbeteiligte
a) Der Angeklagte
Der aus einer Kölner katholischen Offiziersfamilie stammende Heinrich Tillessen war lange Zeit Berufsoffizier gewesen und hatte der Marine angehört. 1920 beteiligte er sich am Kapp-Lüttwitz-Putsch, bei dem hochkonservative und völkische Politiker, Teile der Reichwehr und Freikorps die Demokratie zu beseitigen suchten, und schloss sich der Marinebrigade Ehrhardt an. Nachdem er Ende Juli 1920 aus der Marine ausgetreten war, engagierte Tillessen sich in der geheimen Freikorpsbewegung und wurde Mitglied der im Aufbau befindlichen Organisation Consul, die unter dem Kommando von Hermann Ehrhardt stand. Deren innerster Zirkel plante die Ermordung Erzbergers und wählte dafür Heinrich Tillessen und einen weiteren ehemaligen Offizier, Heinrich Schulz, aus. Beide reisten Erzberger nach, machten ihn im Schwarzwald ausfindig und erschossen ihn auf einem Spaziergang. Die Auftraggeber hielten ihre schützende Hand über die Attentäter, die sich, finanziert durch die Hintermänner, zunächst in Ungarn und Österreich aufhielten, bevor sich 1924 ihre Wege trennten. Schulz lebte die folgenden Jahre in Afrika. Seit 1933 wieder in Deutschland, stieg er in der SS bis zum Obersturmbannführer auf und wurde 1945 von den Amerikanern interniert. Tillessen verließ Ungarn und wanderte nach Spanien aus, um Ende 1932/Anfang 1933 nach Deutschland zurückzukehren. Nach Reaktivierung als Soldat im Zweiten Weltkrieg erlebte er das Kriegsende in Heidelberg.
b) Der Verteidiger
Nach der Überstellung in die französische Besatzungszone wählte Tillessen Dr. Friedrich Drischel als Verteidiger. Der 1904 in Freiburg geborene Jurist war seit 1930, unterbrochen durch den Kriegseinsatz, als Rechtsanwalt tätig. Nach der Vertretung Tillessens übernahm Drischel in weiteren Aufmerksamkeit erregenden Verfahren die Verteidigung des ehemaligen Vorstandsmitglieds der I.G. Farben Dr. Otto Ambros vor den Internationalen Militärgerichten in Nürnberg (1947/48) und 1948 das Mandat des Geschäftsführers der Firma Röchling, Albert Maier, der vor dem Tribunal Général in Rastatt angeklagt war.
c) Das Gericht
Die Strafkammer des Landgerichts Offenburg, das den Fall Tillessen verhandelte, bestand aus dem Vorsitzenden Landgerichtsdirektor Rudolf Göhring sowie den beiden Richtern Herbert Krakert und Adolf Schindler. Göhring, 1883 in Thüringen geboren, war eigens für die Übernahme des Prozesses an das Landgericht versetzt worden. Er war ehemaliges Stahlhelm-Mitglied und hatte sich während der NS-Zeit wenig exponiert. Krakert, 1909 in Baden geboren, hatte von 1933 bis 1936 der Reiter-SS angehört, war dann jedoch mangels Beteiligung als Mitglied gestrichen worden. 1942 trat er in die NSDAP ein. Sein Landsmann Schindler, 1914 geboren, gehörte der Partei ab 1934 an und war 1935 kurzfristig stellvertretender Kreispropagandaleiter gewesen.
Die Anklage vertrat der badische Generalstaatsanwalt Karl Siegfried Bader. 1905 im badischen Schwarzwald geboren, vertrat Bader in Freiburg bis 1937 Verfolgte als Rechtsanwalt und übernahm dann die Leitung des Fürstlich-Fürstenbergschen Archivs in Donaueschingen. Parallel hierzu habilitierte er sich in Rechtsgeschichte und Kirchenrecht. Nach kurzer Kriegsgefangenschaft war er ab 1945 als Oberstaatsanwalt in der französischen Besatzungszone tätig, bevor er ein Jahr später Generalstaatsanwalt am Oberlandesgericht in Freiburg wurde. 1951 gab er sein Amt auf und wechselte als Professor für Rechtsgeschichte an die Universität Mainz. 1953 folgte er einem Ruf an die Universität Zürich.
3. Zeitgeschichtliche Einordnung
Die große Aufmerksamkeit, die der Tillessen-Prozess erfuhr, ergab sich nicht nur daraus, dass es um die Aufklärung eines besonderen Falles von rechtsextremistischem Terror in der Weimarer Republik ging. Im Verfahren gegen Heinrich Tillessen verbanden sich auch grundsätzliche rechtliche Fragen wie die nach dem Rückwirkungsverbot und dem Fortwirken von NS-Gesetzen und ‑Verordnungen mit dem Wiederaufbau des Rechtsstaates nach 1945, der unter Kontrolle und auf Weisung der Besatzungsmächte erfolgte, die die Wahrnehmung der Staatsgewalt in Deutschland übernommen hatten und sich bis 1990 tiefgreifende Eingriffsrechte in das deutsche Staatswesen vorbehalten hatten.
4. Anklage
Am 25. Jahrestag der Ermordung Erzbergers beantragte der Generalstaatsanwalt die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Heinrich Tillessen. Die Anklage lautete auf mittäterschaftlich begangenen Mord hinsichtlich der Tötung Erzbergers und Mordversuch an dessen Begleiter Carl Diez, der bei dem Attentat schwer verletzt worden war. Bader sah die Verfolgbarkeit der Tat gegeben, da die letzten richterlichen Untersuchungshandlungen 1932 erfolgt seien und damit die Tat nicht verjährt sei. Die Verfahrenseinstellung infolge der Straffreiheitsverordnung von 1933 betrachtete Bader infolge der Beschlüsse des Alliierten Kontrollrates als aufgehoben.
5. Verteidigung
Tillessens Verteidiger Drischel beantragte die Verfahrenseinstellung. Er sah zwei separate Tatkomplexe. Der Tötungsversuch an Diez sei verjährt, im Falle der Ermordung Erzbergers greife die Straffreiheitsverordnung, die weiter gelte, da sie nicht explizit aufgehoben worden sei. Die Tat weise keine Beziehung zur NSDAP auf, sodass die generellen Regelungen zur Nichtanwendung nationalsozialistischer Gesetze und Verordnungen durch die Kontrollratsgesetzgebung nicht greife.
6. Urteil
Das Landgericht Offenburg folgte dem Antrag der Verteidigung und lehnte die Eröffnung der Hauptverhandlung am 10. September 1946 ab. Daraufhin intervenierte das badische Justizministerium und unterband die Freilassung Tillessens. Dabei berief sich das Ministerium auf die Weisung des amerikanischen Gerichtsoffiziers, der bei der Überstellung Tillessens angeordnet hatte, dass die Straffreiheitsverordnung als aufgehoben zu betrachten sei und Tillesen bis zu einer Verurteilung in Haft zu bleiben habe. Der Generalstaatsanwalt legte erfolgreich beim Oberlandesgericht Freiburg Beschwerde gegen den verfahrenseinstellenden Beschluss ein, und das Landgericht Offenburg wurde vom Oberlandesgericht angewiesen, die Hauptverhandlung zu eröffnen. Zudem erging ein neuer Haftbefehl.
Da es in Offenburg selbst an geeigneten Verhandlungssälen fehlte, fand die Hauptverhandlung des Landgerichts Offenburg vom 25. bis 27. November 1946 in Freiburg statt. Zahlreiche Pressevertreter waren erschienen, die französische Besatzungsmacht war durch Prozessbeobachter vertreten. Zeitweise war sogar der französische Gouverneur Pierre Pène anwesend. Der Generalstaatsanwalt plädierte auf Todesstrafe wegen des Mordes an Erzberger und vierjährige Zuchthausstrafe für den Mordversuch an Diez, nebst Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit. Die Verteidigung verlangte eine Verfahrenseinstellung aufgrund der Straffreiheitsverordnung von 1933. In seinem Schlusswort betonte der geständige Angeklagte Reue über die Tat. Am 29. November 1946 verkündete das Landgericht das Urteil. Nach einer ausführlichen Beschreibung des Tatbestands entschieden die Richter auf Verfahrenseinstellung aufgrund der Straffreiheitsverordnung vom 21. März 1933.
7. Wirkung und Wirkungsgeschichte
In der deutschen Öffentlichkeit stieß das Urteil auf große Empörung und strikte Ablehnung. Der Strafbedürftigkeit eines Verbrechens wurde eindeutig Vorrang gegenüber rechtstechnischen Überlegungen gegeben. Zudem griff das Urteil bei der Darstellung der Motive in einzelnen Passagen auf Formulierungen zurück, die einen Mord aus nationaler Gesinnung heraus zu rechtfertigen schienen und die an eine rechten Terror verharmlosende Urteilspraxis der Weimarer Republik erinnerten. Selbst die badische Beratende Landesversammlung protestierte auf ihrer ersten regulären Sitzung mit einer gemeinsamen Erklärung aller Fraktionen gegen das Urteil.
Noch am Tag des Urteils legte der Generalstaatsanwalt Revision ein. Doch dazu sollte es nicht kommen. Die französische Besatzungsmacht intervenierte umgehend und kündigte eine erneute Gerichtsverhandlung an. Die Súreté verhinderte eine Freilassung Tillessens und überführte ihn in ein französisches Internierungslager. Mit Blick auf das Urteil wählte die Besatzungsmacht erstmalig unter Bezug auf das Gesetz Nr. 2 der Militärregierung den juristischen Weg der Reformation, nicht wie oft in der Literatur angeführt, den Weg der Evokation. Das Tribunal Général hob das Offenburger Urteil auf und verwies unter anderem unter Bezug auf die Artikel 48, 49 und 68 der Weimarer Verfassung daraufhin, dass die Straffreiheitsverordnung von 1933 verfassungswidrig sei. Zudem seien die Regelungen des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 auch für vor 1933 begangene Straftaten anzuwenden. Die Frage der Täterschaft und des Strafmaßes behandelte das Tribunal Général in seinem am 6. Januar 1948 verkündeten Urteil hingegen nicht, sondern wies das Verfahren dem Landgericht Konstanz zu.
Das Vorgehen der französischen Besatzungsmacht im Verfahren Tillessen war singulär, da es über den Einzelfall hinausgehende Wirkung erzielen sollte. Es handelte sich um ein politisches Signal sowohl an die Deutschen wie an die Franzosen, das klarstellen sollte, dass der schrittweise Wiederaufbau deutscher staatlicher Strukturen weiterhin nur unter strikter Kontrolle der Alliierten erfolge und dass die Demokratisierung einen tiefgreifenden Wandel deutscher Denkweisen auch im juristischen Bereich verlange. Zugleich schuf die Militärregierung für ihre Zone Rechtssicherheit in einer juristisch umstrittenen Frage, die von anderen Besatzungsmächten auf dem Weg der Gesetzgebung geklärt worden war. Dass das Urteil nicht durch eine Entscheidung der Besatzungsverwaltung aufgehoben wurde, sondern durch den obersten Gerichtshof der Besatzungszone, war Ausdruck der Vorstellungen von Gewaltenteilung, die die französische Deutschlandpolitik prägte und die sich darin von der auf die Exekutive setzenden Praxis in der amerikanischen und britischen Zone unterschied.
Welche Relevanz die Franzosen dem Verfahren gegen Tillessen zumaßen, zeigte sich auch daran, dass sie den Vorsitzenden Richter von seinem Amt abberufen ließen und dauerhaft eine Rückkehr in seinen Beruf verhinderten. Göhring wurde schließlich Notar. Aus Protest gegen diesen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit trat der Leiter des badischen Justizministeriums, Paul Zürcher, der inhaltlich das Offenburger Urteil strikt ablehnte, zurück.
Zwischen dem 26. und dem 28. Februar 1947 fand schließlich die Hauptverhandlung gegen Tillessen vor der Zweiten Strafkammer des Landgerichts Konstanz statt. Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (gem. Kontrollratsgesetz Nr. 10), begangen durch den Mord an Erzberger und den gleichzeitig verübten Mordversuch an Carl Diez, wurde Tillessen zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt.
Kaum öffentliche Beachtung fand der Prozess gegen den zweiten Attentäter. Das Landgericht Offenburg verurteilte Heinrich Schulz am 19. Juli 1950 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, begangen in Tateinheit mit Totschlag, zu einer Zuchthausstrafe von zwölf Jahren.
Von ihrer Strafe saßen Tillessen und Schulz nur einen kleinen Teil ab. Beide erhielten 1952 von der letzten badischen Regierung gnadenweise Unterbrechung des Strafvollzugs. Der Haftentlassung folgte durch Beschluss des ersten baden-württembergischen Ministerrats am 8. Dezember 1952 die Strafaussetzung. 1958 wurde schließlich die Reststrafe erlassen. Für öffentliche Diskussionen sorgte dieses Ende des juristischen Umgangs mit dem Erzberger-Mord nicht. Vielmehr fügt es sich ein in den gesellschaftlichen Umgang der frühen Bundesrepublik mit NS-Verbrechen, als Kriegsverbrecher mit Kriegsgefangenen gleichgesetzt wurden und eine breite Koalition gesellschaftlicher Gruppen die Freilassung von Massenmördern aus der Haft der Alliierten forderte.
8. Würdigung
Der Offenburger Tillessen-Prozess war weniger wegen zu klärender juristischer Aspekte, als vielmehr für die politische Kultur von Bedeutung. Denn Öffentlichkeit und Besatzungsmacht sahen darin vor allem ein Moment der grundsätzlichen Ausrichtung des Wiederaufbaus deutscher staatlicher Strukturen, die nach den Vorgaben der Siegermächte in klarer Abgrenzung zur Vergangenheit im Geiste einer Demokratisierung erfolgen sollte. Dies sollte auch für die deutsche Rechtsprechung gelten und war der tiefere Grund für die außergewöhnliche Intervention der französischen Militärregierung.
9. Quellen und Literatur (Auswahl)
Die Prozessunterlagen zum Tillessen-Prozess befinden sich im Landesarchiv Baden-Württemberg Staatsarchiv Freiburg im Bestand F 179/4 und sind online einsehbar. In diesem Archiv befindet sich auch der Nachlass des Verteidigers (T 1 Nachlass Drischel, Friedrich).
Dowe, C.: Matthias Erzberger. Ein Leben für die Demokratie (Mensch – Zeit – Geschichte), Stuttgart 2011.
Gebhardt, C.: Der Fall des Erzberger-Mörders Heinrich Tillessen (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts Bd. 14), Tübingen 1995.
Groß, J.: Die deutsche Justiz unter französischer Besatzung 1945–1949 (Rheinische Studien zur Rechtsgeschichte Bd. 4), Baden-Baden 2007.
von Lanzenauer, R. H.: Der Mord an Matthias Erzberger (Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums, Karlsruhe, Heft 14), Karlsruhe 2008.
Sabrow, M.: Die verdrängte Verschwörung. Der Rathenau-Mord und die deutsche Gegenrevolution, Frankfurt 1998.
Christopher Dowe
Mai 2020
Christopher Dowe arbeitet seit 2003 als Historiker im Haus der Geschichte Baden-Württemberg. Er hat unter anderem die Dauerausstellung der Erinnerungsstätte Matthias Erzberger kuratiert und eine Biografie über Matthias Erzberger veröffentlicht.
Zitierempfehlung:
Dowe, Christopher: „Das Erzberger-Attentat, Deutschland 1922, 1946“, in: Groenewold/ Ignor / Koch (Hrsg.), Lexikon der Politischen Strafprozesse, https://www.lexikon-der-politischen-strafprozesse.de/glossar/erzberger-attentat/, letzter Zugriff am TT.MM.JJJJ.
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