Minsker-Prozess

bearbei­tet von
Dr. Manfred Zeidler

BSSR 1946
Sowje­ti­sches Militärtribunal
Kriegsverbrechen
Kollaboration

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Der Minsker-Prozess
BSSR 1946

1. Zum zeitge­schicht­li­chen Kontext
Der Kriegs­ver­bre­cher­pro­zess vom Januar 1946 in der weißrus­si­schen Haupt­stadt Minsk gegen insge­samt 18 Angehö­ri­ge deutscher militä­ri­scher und polizei­li­cher Besat­zungs­or­ga­ne auf dem sowje­tisch-weißrus­si­schen Terri­to­ri­um in den Kriegs­jah­ren 1941 bis 1944 steht thema­tisch im engen Zusam­men­hang mit dem zeitgleich ablau­fen­den Nürnber­ger Haupt­kriegs­ver­bre­cher­pro­zess gegen führen­de Reprä­sen­tan­ten des NS-Regimes vor einem alliier­ten Gerichts­hof. Seinen Ausgangs­punkt bilde­te die „Erklä­rung über Grausam­kei­ten“ (State­ment of Atroci­ties) der Regie­run­gen Großbri­tan­ni­ens, der USA und der UdSSR während der Moskau­er Außen­mi­nis­ter­kon­fe­renz am 30. Oktober 1943. Darin wurde allen Deutschen, die sich an Kriegs- und Besat­zungs­ver­bre­chen auf dem Terri­to­ri­um anderer Länder betei­ligt hatten oder dies noch tun, angedroht, „dass sie an den Schau­platz ihrer Verbre­chen zurück­ge­bracht und an Ort und Stelle von den Völkern abgeur­teilt werden, denen sie Gewalt angetan haben“. Des weite­ren präzi­sier­te die Dekla­ra­ti­on, dass, sobald ein Waffen­still­stand mit Deutsch­land erreicht sei, „jene deutschen Offizie­re, Solda­ten und Mitglie­der der Nazipar­tei, die für Grausam­kei­ten, Massa­ker und Exeku­tio­nen verant­wort­lich gewesen sind oder an ihnen zustim­mend teilge­habt haben“, nach den betrof­fe­nen Ländern überführt werden, „um gemäß den Geset­zen dieser befrei­ten Länder […] vor Gericht gestellt und bestraft zu werden“.

Damit waren drei für die späte­re juris­ti­sche Verfol­gung deutscher Kriegs- und Besat­zungs­ver­bre­chen auf fremden Terri­to­ri­en gülti­ge Prinzi­pi­en formuliert:

1. Der generel­le Straf­an­spruch gegen­über deutschen Staats­an­ge­hö­ri­gen bei Verbre­chen an fremden Staatsbürgern.
2. Das Tatort­prin­zip im Sinne einer Vorun­ter­su­chung und gericht­li­chen Aburtei­lung am Ort des Verbrechens.
3. Die Verur­tei­lung nach dem am betref­fen­den Tatort zum Zeitpunkt des gericht­li­chen Verfah­rens dort gelten­den Straf- und Verfahrensrechts.

Aufgrund des stren­gen Tatort­prin­zips markier­ten die ins Auge gefass­ten Verfah­ren in den beiden letzten Punkten einen Unter­schied zum Nürnber­ger Haupt­kriegs­ver­bre­cher­pro­zess von 1945/46, der vor einem inter­na­tio­na­len Gerichts­hof nach einem eigens zuvor geschaf­fe­nen Sonder­recht ablief. Damit waren, wie der Münch­ner Staats­recht­ler Reinhart Maurach schon 1950 feststell­te, solche Verfah­ren „ohne Kontrol­le seitens irgend­wel­cher inter­na­tio­na­len Organe durch­zu­füh­ren, was damals im letzt­lich „trüge­ri­schen Gedan­ken einer gewis­sen Gemein­sam­keit der Rechts­über­zeu­gun­gen“ wurzelte.

Den beschrie­be­nen Prinzi­pi­en gemäß kam es nach dem Kriegs­en­de 1945 zu zwei Wellen öffent­li­cher Prozes­se auf sowje­ti­schem Terri­to­ri­um. Die erste Welle im Zeitraum von Mitte Dezem­ber bis Anfang Febru­ar 1946 umfass­te insge­samt acht Verfah­ren an ebenso vielen verschie­de­nen Gerichts­or­ten auf dem während der Kriegs­jah­re besetz­ten sowje­ti­schen Terri­to­ri­um, an deren Ende von insge­samt 85 angeklag­ten Wehrmachts­an­ge­hö­ri­gen, darun­ter 18 Generä­le, 66 zum Tode und 19 zu Zwangs­ar­beit zwischen 12 und 20 Jahren verur­teilt wurden. Der ersten folgte fast zwei Jahre darauf zwischen Oktober und Dezem­ber 1947, etwa zeitgleich mit dem Nürnber­ger Nachfol­ge­pro­zess gegen die Einsatz­grup­pen­füh­rer (Fall 9), eine zweite Welle öffent­li­cher Verfah­ren an neun verschie­de­nen Gerichts­or­ten gegen insge­samt 119 deutsche Kriegs­ge­fan­ge­ne, darun­ter 21 Generä­le, wobei, wegen der seit dem Mai d.J. außer Kraft gesetz­ten Todes­stra­fe, die Höchst­stra­fe nunmehr auf 25 Jahre Zwangs­ar­beits­la­ger­haft im nordsi­bi­ri­schen Vorku­ta laute­te. Als urtei­len­de Gerich­te agier­ten in beiden Prozess­se­ri­en Kriegs­ge­rich­te (Militär­tri­bu­na­le als Dreier­kol­le­gi­en zumeist aus Berufs­of­fi­zie­ren) auf der Ebene der Militär­be­zir­ke, die im Unter­schied zu den zeitgleich statt­fin­den­den zahlrei­chen nicht­öf­fent­li­chen Verfah­ren vor den Feldge­rich­ten der Heeres­ver­bän­de (Armeen, Divisio­nen etc.) sowohl erst- wie zweit­in­stanz­lich entschieden.

2. Das angewand­te Straf- und Verfahrensrecht
Als die zentra­le Straf­vor­schrift in nahezu allen öffent­li­chen wie nicht­öf­fent­li­chen Verfah­ren galt das am 19. April 1943 vom Präsi­di­um des Obers­ten Sowjet ergan­ge­ne Dekret: „Über Maßnah­men zur Bestra­fung der deutsch-faschis­ti­schen Übeltä­ter, die der Tötung und Misshand­lung sowje­ti­scher Zivil­be­völ­ke­rung und gefan­ge­ner Rotar­mis­ten schul­dig sind.“ Auch für „Spione und Vater­lands­ver­rä­ter“ unter den Sowjet­bür­gern galt diesel­be Straf­vor­schrift dieses allge­mein mit dem Kürzel „Ukaz 43“ bezeich­ne­ten Dekrets mit rückwir­ken­der Rechts­kraft. Der letzte Punkt des in fünf Abschnit­te geglie­der­ten Erlas­ses betraf die Vollstre­ckung der Todes­ur­tei­le generell durch Erhän­gen. Diese sei „öffent­lich und in Anwesen­heit der Bevöl­ke­rung durch­zu­füh­ren“, wobei um der nötigen abschre­cken­den Wirkung willen „die Leich­na­me der Gehenk­ten […] für einige Tage am Galgen zu belas­sen“ seien. Der Ukaz 43 war die einzi­ge von der Sowjet­uni­on während des Krieges und danach im Rahmen der eigenen Rechts­ord­nung erlas­se­ne alluni­ons­wei­te, Kriegs- und Völker­rechts­ver­bre­chen betref­fen­de Straf­vor­schrift. Das bekann­te Kontroll­rats­ge­setz Nr. 10 vom Dezem­ber 1945 mit seinen Bestim­mun­gen über Verbre­chen gegen den Frieden, die inter­na­tio­na­len Kriegs­bräu­che und die Mensch­lich­keit war alliier­tes Besat­zungs­recht und galt auf dem Terri­to­ri­um Deutsch­lands, war demzu­fol­ge den alliier­ten Militär­ge­rich­ten in deren jewei­li­gen deutschen Besat­zungs­zo­nen vorbe­hal­ten. Als bekann­tes­tes Beispiel für ein Verfah­ren vor einem sowje­ti­schen Militär­tri­bu­nal auf deutschem Boden sei hier auf den „Sachsen­hau­sen­pro­zess“ vom Oktober 1947 in Berlin-Pankow verwiesen.

Das Verfah­rens­recht der öffent­li­chen Verfah­ren auf sowje­ti­schem Terri­to­ri­um richte­te sich, so im Gerichts­ur­teil ausdrück­lich erwähnt, nach dem Artikel 3 des Straf­ge­setz­bu­ches sowie den §§ 319 und 320 der Straf­pro­zess­or­dung (StPO)der Russi­schen Födera­ti­on (RSFSR), die im Unter­schied etwa zur ukrai­ni­schen Unions­re­pu­blik auch in Weißruss­land galt. Die dem Straf­pro­zess vorge­la­ger­ten Unter­su­chungs­ver­fah­ren waren gemäß Artikel 116 (StPO) in der Regel auf die Dauer von zwei Monaten beschränkt, Vertei­di­ger obliga­to­risch und Zeugen zugelas­sen. Jedoch bestimm­te das an Beweis­an­trä­ge der Partei­en nicht gebun­de­ne Gericht allein über den Umfang der Beweis­auf­nah­me und konnte so auch den Prozess­par­tei­en unbekann­te Beweis­mit­tel ohne Erörte­rung mit ihnen zum Gegen­stand des Urteils machen.

3. Die politisch-adminis­tra­ti­ve Vorbereitung
Ein Charak­te­ris­ti­kum nament­lich der öffent­lich durch­ge­führ­ten Prozes­se war ihre penible adminis­tra­ti­ve Vorbe­rei­tung und „Abseg­nung“ auf der höchs­ten politi­schen Ebene. Unter anderem auch dadurch ergibt sich eine auffäl­li­ge Paral­le­le zu den politisch motivier­ten Moskau­er Schau­pro­zes­sen der späten dreißi­ger Jahre gegen hohe Partei­funk­tio­nä­re. Dem Urteil des Moskau­er Memori­al­his­to­ri­kers Nikita Petrov gemäß hatten die öffent­lich geführ­ten Verfah­ren gegen deutsche Kriegs­ge­fan­ge­ne „keinen sponta­nen Charak­ter, die Entschei­dun­gen zu ihrer Durch­füh­rung fielen ganz oben, sie wurden exakt vorbe­rei­tet und jedes Detail mit der Partei­füh­rung abgestimmt“. Es war Innen­kom­mis­sar Lavren­tij Berija persön­lich, der die Auswahl der Kandi­da­ten für die Ankla­ge­bank koordi­nier­te und Außen­kom­mis­sar Molotov regel­mä­ßig darüber berich­te­te; „ohne eine Entschei­dung von oben passier­te gar nichts“ (Nikita Petrov). Im Falle der ersten öffent­li­chen Prozess­wel­le existiert ein streng gehei­mes Schrei­ben Berijas und seines Staats­si­cher­heits­kom­mis­sars Vsevo­lod Merku­l­ov vom 5. Novem­ber 1945 an Molotov. Es beginnt mit dem Satz, dass „in Überein­stim­mung mit den Anwei­sun­gen des Genos­sen Stalin zur Heran­zie­hung ehema­li­ger Militär­an­ge­hö­ri­ger der deutschen Armee […] zur gericht­li­chen Verant­wor­tung“ in Aussicht genom­men wurde, „im Laufe des Novem­ber und Dezem­ber [des Jahres] in den wichtigs­ten Fällen in den folgen­den Städten acht öffent­li­che Prozes­se durch­zu­füh­ren […]“. Als eigenen Abschnitt beinhal­tet das Geheim­schrei­ben eine Aufstel­lung des stell­ver­tre­ten­den Leiters der Haupt­ver­wal­tung für Kriegs­ge­fan­ge­ne und Inter­nier­te (russ. Abk. GUPVI) im Innen­kom­mis­sa­ri­at, Amajak Kobul­ov, mit den Namen und Dienst­gra­den sämtli­cher Beschul­dig­ter und deren jewei­li­ge Verur­tei­lungs­grün­de für das in diesem Zusam­men­hang in der weißrus­si­schen Haupt­stadt Minsk vorge­se­he­ne öffent­li­che Verfahren.

4. Die Prozessbeteiligten
Unter den insge­samt 18 Minsker Angeklag­ten befan­den sich die drei Generals­rän­ge: Johann-Georg Richert, General­leut­nant, geboren 1890 und Komman­deur der 286. Siche­rungs- sowie der 35. Infan­te­rie­di­vi­si­on, Gottfried Heinrich von Erdmanns­dorf, General­ma­jor, geboren 1893 und Ortskom­man­dant der Stadt Mogilev und des dazuge­hö­ri­gen befes­tig­ten Raumes sowie Eberhard Herf, geboren 1887, der im Rang eines SS-Briga­de­füh­rers und General­ma­jors der Polizei als Komman­deur der Ordnungs­po­li­zei im Minsker Raum sowie als stell­ver­tre­ten­der Stabs­chef der Parti­sa­nen­kampf­ver­bän­de agiert hatte. Gemäß der militä­ri­schen Ranghier­ar­chie folgten ein Oberst­leut­nant der Polizei (Georg Robert Weißig, geb. 1896) als Komman­deur eines Polizei­re­gi­ments, ein Heeres­ma­jor (Reinhard Georg Moll, geb. 1891) in der Funkti­on eines Ortskom­man­dan­ten u.a. von Bobruisk und drei Haupt­leu­te des Heeres sowie einer der Polizei. Deswei­te­ren umfass­te die Ankla­ge­bank zwei Leutnan­te des Heeres, die in der Funkti­on von Sonder­füh­rern (beispiels­wei­se Dolmet­scher) gedient hatten, sowie einen Oberleut­nant der SS (Obersturm­füh­rer), der als ehema­li­ger Gesta­po-Kommis­sar die Sicher­heits­po­li­zei (SIPO) in verschie­de­nen weißrus­si­schen Städten gelei­tet hatte. Den rangmä­ßi­gen Schluss­punkt bilde­ten sechs Unter­of­fi­ziers- und Mannschafts­dienst­gra­de vom SS-Unter­schar­füh­rer, Wacht­meis­ter, Gefrei­ter (insge­samt drei) bis zum einfa­chen Solda­ten in einem Ausbil­dungs­re­gi­ment. Die Funkti­on des Gerichts oblag dem Militär­tri­bu­nal des Minsker Militär­be­zirks unter dem Vorsitz des General­ma­jors der Justiz Kedrov und seinen beiden Beisit­zern, den Offizie­ren des Justiz­diens­tes Oberst Vinogra­dov und Oberst­leut­nant Sacha­rov. Als Anklä­ger (prokur­or) fungier­te der General­ma­jor der Justiz Jacen­in, der während des Krieges als Militär­staats­an­walt der 1. Weißrus­si­schen Front gedient hatte und dem als sein Stell­ver­tre­ter Oberst Polechin zur Seite stand. Unter den insge­samt acht Vertei­di­gern, nur ein Angeklag­ter (SS-Unter­schar­füh­rer Franz Hess) lehnte einen solchen für sich ab, fanden sich auch Juris­ten, die bereits in voraus­ge­gan­ge­nen politi­schen Prozes­sen wie dem Moskau­er Verfah­ren gegen 16 Angehö­ri­ge der Polni­schen Heimat­ar­mee (Armia Krajo­wa) im Juni 1945 aktiv gewesen waren (V. I. Michals­kij und S. F. Pleva­ko). Auffäl­lig erscheint, dass ein Vertei­di­ger bis zu vier bzw. drei, andere zwei Angeklag­te und zwei Anwäl­te gar nur jeweils einen vertra­ten. Die im Laufe des Verfah­rens auftre­ten­den Belas­tungs­zeu­gen, sowohl Zivilis­ten wie zeitwei­lig in deutsche Kriegs­ge­fan­gen­schaft gerate­ne Rotar­mis­ten, spiel­ten aufgrund der nahezu durch­weg abgelie­fer­ten Schuld­ge­ständ­nis­se der Angeklag­ten eine häufig eher ergän­zen­de, die deutschen Besat­zungs­prak­ti­ken in Weißruss­land allge­mein illus­trie­ren­de, zuwei­len gar als dekora­tiv erschei­nen­de Rolle.

5. Die Anklage
Gemäß der im Jahre 1947 publi­zier­ten Druck­fas­sung des Minsker Prozes­ses von insge­samt 471 Seiten Umfang umfasst die Ankla­ge­schrift vom 13. Januar 1946 genau 27 Seiten. Sie, deren Inhalt durch Artikel 207 StPO gesetz­lich vorge­schrie­ben war, beginnt mit einer summa­ri­schen Aufzäh­lung deutscher Kriegs- und Besat­zungs­ver­bre­chen gemäß den Ergeb­nis­sen der Ermitt­lungs­tä­tig­keit der schon Anfang Novem­ber 1942 durch ein Dekret des Obers­ten Sowjet ins Leben gerufe­nen, so wörtlich: „Außer­or­dent­li­chen Staats­kom­mis­si­on für die Feststel­lung und Unter­su­chung der Verbre­chen der deutschen faschis­ti­schen Eindringlinge“(dt. Abk. ASK). Aus deren Ermitt­lungs­er­geb­nis­sen erwähnt die Ankla­ge­schrift u.a. die Vernich­tung von „mehr als 2,8 Millio­nen fried­li­chen Sowjet­bür­gern und Kriegs­ge­fan­ge­nen, die gewalt­sa­me Verschlep­pung von rund 380 000 Menschen zur Sklaven­ar­beit in Deutsch­land sowie das Zerstö­ren und Abbren­nen von 209 Städten und 9200 Dörfern und Siedlun­gen“. Dem folgt eine Aufzäh­lung der 18 Angeklag­ten mit der Angabe ihrer jewei­li­gen Dienst­gra­de und Dienst­stel­lun­gen auf dem besetz­ten weißrus­si­schen Terri­to­ri­um, ergänzt um die Schwer­punk­te deutscher Besat­zungs­ver­bre­chen ebendort, u.a. die Tötung und das Verbren­nen von mehr als 120 000 Zivilis­ten im Konzen­tra­ti­ons­la­ger von Malyj Trosten­ec im Minsker Gebiet sowie von 53 630 Sowjet­bür­gern „jüdischer Natio­na­li­tät“, darun­ter rund 2000 Kindern in den Lagern des Gebiets von Gomel. Im Unter­schied zu den Jahren im Zeichen der „Antikos­mo­po­li­ten-Kampa­gne“ nach 1948 erfah­ren Juden, von denen es in Weißruss­land bekannt­lich viele gab, zu dieser Zeit und so auch im Minsker Prozess noch eine exklu­si­ve Erwäh­nung als beson­de­re Opfer­grup­pe. Die folgen­den Abschnit­te der Ankla­ge­schrift gliedern sich in die vier separa­ten Sachfelder:

1. Die Vernich­tung fried­li­cher Sowjetbürger,
2. Grausa­me Gewalt­ta­ten und Demüti­gun­gen an sowje­ti­schen Kriegsgefangenen,
3. Die massen­haf­te Verschlep­pung von Zivilis­ten zur Zwangs­ar­beit nach Deutschland,
4. Zerstö­rung von Städten, Dörfern und das Ausrau­ben der fried­li­chen Bevölkerung.

Für jeden dieser Sachbe­rei­che nennt das Dokument jeweils die in die genann­ten Vorgän­ge verstrick­ten Angeklag­ten und deren persön­li­che Teilnah­me oder Mitschuld daran. Generell lässt sich feststel­len, dass die drei befehls­ha­ben­den Generals­rän­ge (Richert, von Erdmanns­dorf und Herf) fast durch­weg wegen ihrer überge­ord­ne­ten Befehls­ge­bung angeklagt werden, wohin­ge­gen bei den rangnie­de­ren Befehls­emp­fän­gern die Ankla­ge­schrift die jewei­li­ge aktive Teilnah­me oder mithel­fen­de Präsenz bei konkre­ten, zeitlich und örtlich präzi­se bestimm­ba­ren Tötungs- und Gewalt­de­lik­ten zum Gegen­stand macht. Am Ende wieder­holt das Dokument nochmals in Kurzform die Namen, Ränge, Dienst­stel­lun­gen und Einsatz­or­te von 17 der Angeklag­ten sowie die jeweils sie betref­fen­den Punkte der Ankla­ge gemäß den Ermitt­lungs­er­geb­nis­sen jener Außer­or­dent­li­chen Staats­kom­mis­si­on (ASK) zur Feststel­lung deutscher Verbre­chen auf dem Sowjet­ter­ri­to­ri­um. Eine gewis­se Ausnah­me bildet allein ein im Bereich der agrari­schen Ausbeu­tung tätig gewese­ner Sonder­füh­rer im Rang eines Leutnants (August Ludwig Bittner, geb. 1894), der in Bezug auf die Ergeb­nis­se der Außer­or­dent­li­chen Staats­kom­mis­si­on eine wenngleich kurze geson­der­te Betrach­tung erfährt. Dessen ungeach­tet werden in der Schluss­for­mel der Ankla­ge­schrift unter­schieds­los alle der 18 Angeklag­ten gemäß Artikel 1 des Ukaz 43 für schul­dig erklärt.

6. Das Agieren der Prozessbeteiligten
Die anschlie­ßen­de Haupt­ver­hand­lung betref­fend, lässt sich dem Gericht eine fast schon auffäl­li­ge Neutra­li­tät und Sachlich­keit beschei­ni­gen. Davon deutlich ab heben sich die Auftrit­te des Ankla­ge­ver­tre­ters, General­ma­jor Jacen­in, der in seinem insge­samt 37 Druck­sei­ten füllen­den Plädoy­er für sämtli­che Angeklag­ten gemäß Artikel 1 des Ukaz 43 die Todes­stra­fe durch Erhän­gen fordert. Typisch ist der ausge­prägt politisch-ideolo­gi­sche Charak­ter seiner Auftrit­te. Er katego­ri­siert die Ankla­ge­bank wesent­lich in zwei Gruppen: die Vertre­ter der „alten preußi­schen Schule“, z. T. der Junker­kas­te zugehö­rig (v. Erdmanns­dorf), die sich um „faschis­ti­sche Charak­ter­zü­ge“ ergänzt hätten, und die „Pogrom­hel­den der neues­ten Hitler‘schen Forma­ti­on“. Mit der erste­ren sind wesent­lich die fünf Generals- und Stabs­of­fi­ziers­rän­ge, mit der letzte­ren die übrigen, zumeist jünge­ren und rangnie­de­ren Angeklag­ten vom Haupt­mann bis zum einfa­chen Solda­ten charak­te­ri­siert. Es fehlen weder der weitge­spann­te Rückgriff auf die milita­ris­ti­sche preußisch-deutsche Vergan­gen­heit mit Zitaten Wilhelms II. aus dem Ersten Weltkrieg („Alles muss versin­ken in Feuer und Blut“) noch solche aus Hitlers „Mein Kampf“ oder von Göring, Rosen­berg, Himmler und anderen NS-Größen. Auch das theatra­li­sche Moment kommt nicht zu kurz, wenn Jacen­in etwa über General Richert äußert: „Welch einen bluti­gen Weg hat General­leut­nant Richert zurück­ge­legt; was ist an ihm von einem Menschen ? Nichts !“

Auch bei den Vertei­di­gern finden sich langaus­ufern­de Reminis­zen­zen zum deutschen Milita­ris­mus und seinen weit zurück­lie­gen­den preußi­schen Wurzeln zudem auch litera­ri­sche Zitate von Tschechow, Gorki und anderen Litera­ten. Um die Lage und das Agieren der Vertei­di­gung in Schau­pro­zes­sen der Stalin-Ära zu beleuch­ten, empfiehlt sich ein Blick auf andere rein politi­sche Prozes­se aus dieser Zeit. So erklärt im zweiten der Moskau­er Schau­pro­zes­se vom Januar 1937 gegen das „Staats­feind­li­che trotz­kis­ti­sche Zentrum“ der Vertei­di­ger Ilja Braude, nachdem er auf die „außer­or­dent­lich schwie­ri­ge Lage“ der Vertei­di­gung in der Straf­sa­che gegen seinen der terro­ris­ti­schen Diver­si­on und Sabota­ge beschul­dig­ten Mandan­ten verwie­sen hatte, es gäbe „keine Debat­te über Tatsa­chen“. Da aufgrund „des Kreuz­ver­hörs der Angeklag­ten uns keiner­lei Möglich­keit gelas­sen ist, die Bewei­se irgend­wie anzufech­ten“, weil somit alle Taten bewie­sen seien, beabsich­ti­ge die Vertei­di­gung diesbe­züg­lich nicht „mit dem Staats­an­walt irgend­wie in Streit zu treten“. Weiter­hin erschwe­rend komme noch hinzu „die stren­ge Forde­rung des Staat­li­chen Anklä­gers […], die von der Sowjet­öf­fent­lich­keit mit allge­mei­ner Billi­gung aufge­nom­men wurde“ (als Chefan­klä­ger fungiert Stalins damali­ger „Kronju­rist“ Andrej Vysin­s­kij). Somit bestehe, so Braude weiter, die Aufga­be des Vertei­di­gers allein darin, „die Momen­te zu suchen, die das Recht geben könnten, von Milde zu sprechen“. Ergän­zend dazu seien auch die bedeu­tungs­glei­chen Ausfüh­run­gen eines der Vertei­di­ger in einem anderen der politi­schen Prozes­se der Stalin-Ära ein gutes Jahrzehnt später angeführt, dem Verfah­ren gegen den frühe­ren ungari­schen Außen­mi­nis­ter Laszlo Rajk und seine sieben Mitan­ge­klag­ten vor dem Budapes­ter Volks­ge­richt im Septem­ber 1949. Nach dem Hinweis auf die volle Gestän­dig­keit seines Mandan­ten (Pal Justus) folgt der Satz: „Diese Tatsa­che enthebt die Vertei­di­gung der gewohn­ten Pflicht, auf die Einzel­hei­ten des Tatbe­stan­des einzu­ge­hen.“ Somit könne die Aufga­be der Vertei­di­gung im gegebe­nen Fall „nichts anderes sein, als die richti­ge juris­ti­sche Quali­fi­zie­rung dieser Delik­te und die Aufzäh­lung der mildern­den Umstän­de unter Hinweis auf Tatsa­chen persön­li­cher Natur“. Am Ende seines Plädoy­ers steht die Bitte der Vertei­di­gung an das Gericht „unter Berück­sich­ti­gung aller mildern­den Umstän­de […] ein barmher­zi­ges Urteil [zu] fällen“.

Ungeach­tet des Charak­ters der zu Gericht stehen­den Straf­ta­ten geht es gemäß diesen zitier­ten Vertei­di­ger-Aussa­gen auch im Minsker Verfah­ren der Vertei­di­gung nie darum, den Wahrheits­ge­halt von Ankla­ge­punk­ten oder die Ernst­haf­tig­keit von Schuld­be­kennt­nis­sen kritisch zu hinter­fra­gen, sondern die Mandan­ten entwe­der als sture Befehls­emp­fän­ger („Automa­ten­men­schen“) zumeist ohne persön­li­che Initia­ti­ve oder als schlich­te Opfer einer Erzie­hung in den Fesseln ihres faschis­tisch-rassis­ti­schen Milieus darzu­stel­len. Mit anderen Worten: die Vertei­di­gung beschränkt sich auch hier in den Verneh­mun­gen während der Haupt­ver­hand­lung – im Beson­de­ren bei den unteren Dienst­rän­gen – auf das Auffin­den von eventu­ell einer Entlas­tung dienen­den Details aus der Biogra­phie der Mandan­ten, ihrer sozia­len, gegebe­nen­falls prole­ta­ri­schen Herkunft und der politisch-weltan­schau­li­chen Prägung durch Eltern­haus, Erzie­hung und beruf­li­cher wie militä­ri­scher Ausbil­dung. Sachkri­tik in den Ankla­ge­punk­ten bleibt auch hier ebenso wenig erkenn­bar, wie eine klare Positio­nie­rung gegen­über der Ankla­ge­ver­tre­tung oder auch bei den zahlrei­chen Zeugen­aus­sa­gen, was durch ihre auch psycho­lo­gisch zweifel­los heikle Lage durch den von der Staats­pro­pa­gan­da noch forcier­ten Öffent­lich­keits­druck die Vertei­di­gung auf eine sich selbst beschrän­ken­de Statis­ten­rol­le verweist. Auch in Minsk – ebenso ein generel­les Charak­te­ris­ti­kum stali­nis­ti­scher Schau­pro­zes­se – dient es der teilwei­sen Entlas­tung der Beschul­dig­ten, die „wahren“ Täter und Hinter­män­ner der abzuur­tei­len­den Verbre­chen zu „entlar­ven“ und anzupran­gern: die Führer und Reprä­sen­tan­ten der politisch-ideolo­gi­schen Syste­me als deren quasi techni­sche Vollstre­cker – ja als deren mecha­ni­sche Instru­men­te – zumin­dest die Mehrzahl der Angeklag­ten gehan­delt hätte. In den Moskau­er Schau­pro­zes­sen der späten 30er Jahre sind es der Trotz­kis­mus und seine partei­feind­li­chen ideolo­gi­schen Bündnis­part­ner im konspi­ra­ti­ven Bunde mit dem deutschen Hitler­fa­schis­mus, im Budapes­ter Rajk-Prozess der Titois­mus im Bündnis mit altem Faschis­mus und neuem US-ameri­ka­ni­schem Imperia­lis­mus, in deren Auftrag die Mehrzahl der Angeklag­ten ihre Verbre­chen began­gen hätte (weite­re Beispie­le aus anderen Prozes­sen ließen sich ergän­zen). Demge­mäß veror­tet auch in Minsk einer der Vertei­di­ger (M. S. Petren­ko) die „wirklich“ Schul­di­gen an den in Weißruss­land began­ge­nen Kriegs- und Besat­zungs­ver­bre­chen momen­tan anders­wo: „Nicht hier, sondern dort – in Nürnberg“. Auf diese Weise erhal­ten in ganz ähnli­cher Weise wie anderen­orts auch in Minsk die Auslas­sun­gen der Vertei­di­gung nament­lich in den Schluss­plä­doy­ers einen ausge­spro­chen politisch-weltan­schau­li­chen Anstrich mit den schon bei Staats­an­walt Jacen­in auffäl­li­gen z.T. ausufern­den histo­ri­schen Reminis­zen­zen und Zitaten aus dem Zeitraum der letzten zwei Jahrhun­der­te (einschließ­lich Fried­richs d.Gr.). Auf dersel­ben Linie mag auch ein weite­res Phäno­men stehen, das man als einen gewis­ser­ma­ßen loyali­täts­ge­steu­er­ten politisch-morali­schen Gegen­pol zum Vorhe­ri­gen deuten könnte: die so demons­tra­tiv vorbe­halt­lo­se Identi­fi­zie­rung mit der eigenen Staats­ord­nung. Sie äußert sich in dem so auffäl­li­gen Hang der Vertei­di­ger zu gerade­zu überbor­den­den, byzan­ti­ni­schen Stalin-Elogen in ihren Plädoy­ers. „Wir Sowjet­men­schen sind glück­lich, dass wir in der Stalin’schen Epoche leben und stolz darauf, dass der größte Mensch der Gegen­wart uns zum Sieg über die Finster­nis und Grausam­keit des Faschis­mus geführt hat“, so der Vertei­di­ger K. N. Schudro, oder sein Kolle­ge M. A. Saven­ko, der Vertei­di­ger General­ma­jor v. Erdmanns­dorfs: „Jeder­mann regis­trier­te eines: dass an der Spitze der Sowjet­uni­on ein Genius der gesam­ten Mensch­heit steht: Josef Vissa­ri­o­no­vic Stalin.“

Das Auftre­ten der Angeklag­ten selbst ist charak­te­ri­siert durch auffäl­lig präpa­riert erschei­nen­de Reue- und Selbst­be­zich­ti­gungs­auf­trit­te, die in Einzel­fäl­len an einen gerade­zu monströ­sen Geständ­nis­ei­fer grenzen, der selbst noch die Ankla­ge­schrift überbie­tet (Angeklag­te Hans Herman Koch und Franz Hess, beide SS und SD-Angehö­ri­ge). Das Prozess­pro­to­koll verzeich­net mitun­ter Lachen, Entrüs­tung oder andere lautstar­ke Unmuts­re­ak­ti­on aus dem Publi­kum als Reakti­on auf Aussa­gen von der Anklagebank.

Hinge­gen findet sich auch ein Ausnah­me­fall, wo der Angeklag­te (Paul Eick, Haupt­mann), seine mit Hinweis auf seinen damali­gen „schlech­ten Gesund­heits­zu­stand“ im Unter­su­chungs­ver­fah­ren gemach­ten Aussa­gen vor dem Gericht revidiert („Damals hatte ich ausge­sagt […] Aber heute bestä­ti­ge ich das nicht mehr“). In diesem Zusam­men­hang sei erwähnt, das von einem der Minsker Verur­teil­ten, dem Wehrmachts­ge­frei­ten Alois Kilian Hette­rich, im Rahmen einer Verneh­mung durch die Polizei­di­rek­ti­on Würzburg im Jahr 1975 eine detail­lier­te Aussa­ge zu den Metho­den seiner, so seine Darstel­lung, „Geständ­nis­er­pres­sung“ im Laufe des seiner­zei­ti­gen Unter­su­chungs­ver­fah­rens vom Dezem­ber 1945 existiert.

Einen Ankla­ge­fall beson­de­rer Art stellt ein 1898 gebore­ner Haupt­mann (Bruno Götze) dar, der als einzi­ger unter den Offiziers­dienst­gra­den mit einer Zeitstra­fe davon­kommt. In seinem Fall mag das engagier­te Plädoy­er seines Vertei­di­gers Gavri­l­ov , der ihm beschei­nigt, als stell­ver­tre­ten­der Ortskom­man­dant von Bobru­jsk nur eine dritt­ran­gi­ge Rolle gespielt zu haben („Wir sehen kein Blut an seinen Händen.“) und sich im Übrigen positiv von seinen Mitan­ge­klag­ten abzuhe­ben, seine Wirkung gehabt haben. Bemer­kens­wert und manche tiefe­ren Einbli­cke in die Verfah­rens­um­stän­de eröff­nend, erscheint unter den Schluss­wor­ten der Angeklag­ten dasje­ni­ge des ranghöchs­ten Militärs unter ihnen, des General­leut­nants Johann Georg Richert. Dieser gesteht wie die anderen vorbe­halt­los seine Schuld ein und erklärt, dass er in der Vorkriegs­zeit das natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Regime unter­stützt habe, jetzt aber ein überzeug­ter Gegner von ihm sei. Jedoch wolle er sich nicht als Antifa­schist bezeich­nen, sondern, wenn es ihm möglich werde, zukünf­tig „wahrhaft im Geiste des Antifa­schis­mus zu leben“.

7. Das Urteil und seine Begründung
Das in der Schluss­sit­zung des Gerichts am 29. Januar 1946 verkün­de­te Urteil im Umfang von 22 Schreib­ma­schi­nen­sei­ten beginnt mit einer bereits in der Ankla­ge­schrift aufge­führ­ten Aufzäh­lung der gravie­rends­ten Verbre­chen der deutschen Besat­zungs­macht auf dem weißrus­si­schen Terri­to­ri­um zwischen 1941 und 1944. Im Anschluss daran werden alle 18 Angeklag­ten als aktive Teilneh­mer an diesen Verbre­chen bezeich­net. Die folgen­de Passa­ge listet auf vierein­halb Seiten die persön­li­che Schuld der drei Generals­rän­ge unter den Angeklag­ten auf, wobei deren adminis­tra­ti­ve Haupt­ver­ant­wort­lich­keit für Massen­tö­tun­gen von Zivilis­ten und Kriegs­ge­fan­ge­nen sowie für Zerstö­run­gen, Ausrau­bun­gen und die Depor­ta­ti­on zur Zwangs­ar­beit nach Deutsch­land im Zentrum stehen. Alle drei erhal­ten die Todes­stra­fe. Die Schuld­lis­te der nachfol­gen­den neun Offiziers­rän­ge (einschließ­lich zweier Sonder­füh­rer) erstreckt sich über neun Seiten, wobei Tötungs‑, Verschlep­pungs- und Raubde­lik­te im Vorder­grund stehen. Nur einer aus dieser Gruppe, der erwähn­te Haupt­mann Bruno Götze, kommt mit einer Zeitstra­fe von 20 Jahren Zwangs­ar­beit davon, die er in der sibiri­schen Haft jedoch nicht überlebt. Die letzten sechs Unter­of­fi­ziers- und Mannschafts­dienst­gra­de füllen mit der Aufzäh­lung ihrer indivi­du­ell zuzuord­nen­den Schuld­de­lik­te gerade einmal zwei Seiten. Inner­halb dieser Gruppe erhält nur einer der vier Gefrei­ten (einschließ­lich eines Solda­ten) die Todes­stra­fe (Hans Fischer, geb. 1923), wobei dessen Zugehö­rig­keit zur SS-Toten­kopf­di­vi­si­on eine zusätz­li­che straf­ver­schär­fen­de Rolle gespielt haben mag. Das Urteil endet mit der Todes­stra­fe durch Erhän­gen für 14 der Angeklag­ten und vier Zeitstra­fen von 15 bzw. 20 Jahren Zwangs­ar­beit gemäß Artikel 1 des Ukaz 43 vom 19. April 1943 mit dem ergän­zen­den Verweis auf Artikel 3 des Straf­rechts­ko­dex und den schon eingangs erwähn­ten Artikeln 319 und 320 der für die weißrus­si­sche Sowjet­re­pu­blik gülti­gen Straf­pro­zess­ord­nung. Sein Schluss­satz lautet: „Das Urteil ist endgül­tig und unter­liegt keiner Berufung.“ Anschlie­ßend übersetzt, wie schon bei den voraus­ge­gan­ge­nen Plädoy­ers, ein gerichts­amt­li­cher Dolmet­scher den Urteils­text ins Deutsche. Schon tags darauf, am 30. Januar 1946, erfolgt vor zigtau­sen­den von Zuschau­ern in der Trabrenn­bahn von Minsk die Vollstre­ckung der 14 Todes­ur­tei­le, worauf­hin die Körper der Erhäng­ten rund eine Woche lang an den Galgen verbleiben.

8. Zur Kritik und recht­li­chen Würdi­gung des Verfahrens
Dass dem Minsker wie auch den anderen öffent­lich geführ­ten Verfah­ren sowje­ti­scher Militär­tri­bu­na­le aus den Jahren 1946/47 der Charak­ter eines Schau­pro­zes­ses eigen war, gilt heute im Urteil deutscher Rechts­his­to­ri­ker mehrheit­lich als unbestrit­ten. Etwas diffe­ren­zier­ter stellt sich die Beurtei­lung durch russi­sche Autoren dar. Was eine vorder­grün­di­ge Betrach­tung dem Verfah­ren zugute­hal­ten würde, wie der gemäß dem gelten­den Verfah­rens­recht formal hohe Grad an Rechts­förm­lich­keit und die schein­bar volle Wahrung der Angeklag­ten- und Vertei­di­ger-Rechte, macht gerade ein wesent­li­ches Krite­ri­um eines Schau­pro­zes­ses nach stali­nis­ti­schem Muster aus. So gesehen ist eine demons­tra­ti­ve Rechts­förm­lich­keit noch lange nicht mit Rechts­staat­lich­keit gleich­setz­bar. Grund­sätz­lich bleibt der bis in die prozes­sua­len Details gehen­de politi­sche Auftrag an die Justiz, bestimm­te Beschul­dig­te für zu bestim­men­de Taten abzuur­tei­len. Auffäl­lig ist u.a. der gute körper­li­che Zustand der Angeklag­ten in der öffent­li­chen Verhand­lung im Gegen­satz zum vorher­ge­hen­den gerade einmal vierzehn Tage dauern­den Unter­su­chungs­ver­fah­ren, das unter dem vorge­ge­be­nen Zeitdruck sich durch einen hohen physi­schen und psychi­schen Zermür­bungs­grad der Beschul­dig­ten auszeich­net, der nicht zuletzt durch die obliga­to­ri­schen stunden­lan­gen Nacht­ver­hö­re und andere raffi­nier­te Pressi­ons­prak­ti­ken bewirkt ist. Als ein für rechts­staat­li­che Verfah­ren ebenfalls höchst ungewöhn­li­ches Phäno­men erscheint die schon erwähn­te Tatsa­che, dass, obwohl es sich um Kapital­ver­bre­chen mit der höchs­ten Straf­an­dro­hung handelt, nahezu sämtli­che Angeklag­ten nicht nur durch Geständ­nis­se, sondern darüber hinaus durch teils theatra­li­sche Selbst­be­zich­ti­gun­gen, die , wie gleich­falls erwähnt, noch die Ankla­ge­schrift überbie­ten, aktiv an ihrer Verur­tei­lung mitwir­ken. Dagegen spielen , wie schon angeführt, objek­ti­ve Sachbe­wei­se wie auch Dokumen­te oder Zeugen­aus­sa­gen, denen mit wenigen Ausnah­men mehrheit­lich ein eher illus­tra­ti­ver wie auch das Prozess­pu­bli­kum emotio­na­li­sie­ren­der Charak­ter zukommt, kaum eine Rolle. Ein weite­res auffäl­li­ges Phäno­men stellt die beson­de­re Auswahl der Angeklag­ten dar, das einst schon Leo Trotz­ki in seiner Analy­se der stali­nis­ti­schen Schau­pro­zes­se der späten 30er Jahre mit dem Begriff der „Amalga­mie­rung“ bezeich­net hatte. Dies bedeu­tet, dass eine reich­lich hetero­ge­ne Gruppe von Beschul­dig­ten, die sich häufig erst im Gerichts­saal erstmals zu sehen bekom­men, zu einer verbre­che­ri­schen „Gang“ verbun­den und als solche öffent­lich präsen­tiert werden. Dabei werden offen­bar gezielt Perso­nen, die noch über ein gewis­ses persön­li­ches Ansehen verfü­gen, zum Zwecke ihrer Diskre­di­tie­rung mit einigen ausge­spro­chen krimi­nel­len Naturen in enge Gemein­schaft gebracht. Letzte­re wirken auf die Psyche und Wider­stands­kraft der Übrigen „wie Queck­sil­ber auf härte­re Metal­le in einem Amalgam“ und machen so im Sinne der Ankla­ge „die ganze Verbin­dung knetbar und weich“. Auf diese Weise bewirkt das Amalgam insbe­son­de­re zweier­lei: es erschwert dem Prozess­be­ob­ach­ter zwischen den Beschul­dig­ten noch wesent­lich zu diffe­ren­zie­ren und verhin­dert zugleich eine Solida­ri­sie­rung unter ihnen. Letzte­res tritt auch inner­halb der Ankla­ge­bank im Minsker Verfah­ren in Erschei­nung, wo sich ein älterer Heeres­ma­jor (Reinhard G. Moll) demons­tra­tiv gegen eine Gleich­set­zung mit Mitan­ge­klag­ten aus dem SS- und Gesta­po-Milieu (Hess und Koch) verwahrt. Der Sinn eines Schau­pro­zes­ses besteht nun einmal in der Wirkung nach außen. Es gilt öffent­lich zu demons­trie­ren, wie unter­schieds­los verbre­che­risch die Angeklag­ten sind und dessen ungeach­tet wie streng nach Recht und Gesetz man mit ihnen verfährt.

Der deutsche Militär­his­to­ri­ker Manfred Messer­schmidt sprach im Jahre 1995 von einer Doppel­na­tur des Minsker Prozes­ses als eines sowohl politi­schen wie juris­ti­schen Instru­ments und urteil­te über seine verfah­rens­recht­li­che Quali­tät: „Er bot den Angeklag­ten besse­re verfah­rens­recht­li­che Möglich­kei­ten als russi­schen Gefan­ge­nen vor deutschen Gerich­ten.“ Messer­schmidt schloss seine Analy­se mit der Mahnung, eine Gleich­set­zung mit den zeitlich späte­ren nicht­öf­fent­li­chen Massen­ver­fah­ren sowje­ti­scher Militär­tri­bu­na­le gegen die über das Jahr 1949 hinaus zurück­ge­hal­te­nen deutschen Kriegs­ge­fan­ge­nen diene „letzt­lich dem revisio­nis­ti­schen Vorha­ben einer möglichst summa­ri­schen Entschul­di­gung“. Der Rechts­his­to­ri­ker Martin Fincke sprach zwei Jahre zuvor vom „Mantel einer offen­sicht­li­chen Schein­ver­recht­li­chung“, während sein Kolle­ge, der Reinhart Maurach-Schüler Fried­rich Chris­ti­an Schroe­der, zur gleichen Zeit die Feststel­lung traf, dass „die anerkann­ten Recht­fer­ti­gungs­grün­de, die die Haager Landkriegs­ord­nun­gen für Kriegs­hand­lun­gen vorse­hen, nicht berück­sich­tigt und als völlig inexis­tent behan­delt wurden“, somit „diese Verfah­ren an sehr vielen Stellen jeder rechts­staat­li­chen Ausge­stal­tung erman­gel­ten“. Für den Osteu­ro­pa­his­to­ri­ker Andre­as Hilger demons­trier­ten 2006 die Verfah­ren „auch die stali­nis­ti­sche Defor­ma­ti­on von Justiz und Straf­ver­fol­gung“. Somit konnte „kein sowje­ti­scher Kriegs­ver­bre­cher­pro­zess gegen deutsche Kriegs­ge­fan­ge­ne rechts­staat­li­chen Ansprü­chen genügen; die Prozess- und Ermitt­lungs­ak­ten können daher bei kriti­scher Gegen­prü­fung wenigs­tens grobe Umris­se der deutschen Kriegs- und NS-Verbre­chen vermit­teln“. Fast auf dersel­ben Linie beweg­te sich das Urteil des schon erwähn­ten Memori­al-Histo­ri­kers Nikita Petrov, wonach niemand sich bemüht habe, die indivi­du­el­le Schuld der Angeklag­ten nachzu­wei­sen, um sich statt­des­sen auf die überwie­gend kurso­ri­schen Ermitt­lungs­ak­ten der Außer­or­dent­li­chen Staats­kom­mis­si­on (ASK) zu stützen. Unbese­hen davon dass gewiss Kriegs­ver­bre­chen und Gewalt­ta­ten began­gen wurden, habe sich auch bei den öffent­lich geführ­ten Prozes­sen „die ganze Unfähig­keit des sowje­ti­schen Systems [gezeigt]“, die Angeklag­ten „in Überein­stim­mung mit inter­na­tio­na­len Standards und recht­lich einwand­frei zu verur­tei­len, [wozu] ein System, das auf der massi­ven Verlet­zung der Menschen­rech­te beruh­te, nicht imstan­de [war]“. Ähnlich klang das Urteil des damali­gen Profes­sors an der russi­schen militär­wis­sen­schaft­li­chen Akade­mie und ehema­li­gen Leiters der Antifa-Gedenk­stät­te von Krasno­gorsk, Arkadij Krupen­ni­kov, aus dem Jahre 1998, wonach man „weit davon entfernt [sei] anzuneh­men, dass die Prozes­se der damali­gen Zeit unvor­ein­ge­nom­men ablie­fen, die Aussa­gen nicht unter Druck erzwun­gen wurden und alle Beschul­di­gun­gen richtig waren“. Eine andere zeitglei­che russi­sche Stimme, der Wolgo­gra­der Rechts­his­to­ri­ker Alexan­der Epifa­nov, verwies nochmals ausdrück­lich auf den starken Druck, den die „sehr kurz angesetz­ten Termi­ne für die Vorun­ter­su­chun­gen“ auf alle Verfah­rens­be­tei­lig­ten ausge­übt hätten und bemän­gel­te, die sowje­ti­schen Staats­an­wäl­te hätten ihre Überle­gen­heit über die Angeklag­ten zu offen ausge­spielt und die Verhand­lun­gen in einem heraus­for­dern­den Stil geführt. Dennoch hätten „die meisten Richter der Militär­tri­bu­na­le ungeach­tet der dürfti­gen Beweis­la­ge der Vor- und Gerichts­un­ter­su­chung alle Kraft und Beharr­lich­keit für eine objek­ti­ve Urteils­fäl­lung aufge­wandt“. Er schloss mit dem gemisch­ten Fazit: „Es gibt keinen Zweifel, dass einige der Verur­teil­ten ihre Strafe zu Recht bekamen. Aller­dings gibt es auch keine Recht­fer­ti­gung dafür, dass in vielen Fällen die Rechte der Angeklag­ten verletzt wurden.“

9. Zu Wirkung und Nachwir­kung des Prozesses
Mit dem Abschluss der beiden Schau­pro­zess­se­ri­en der Jahre 1946/47 war zu Beginn des Jahres 1948, das einer alliier­ten Überein­kunft vom April 1947 gemäß die Entlas­sung aller deutschen Kriegs­ge­fan­ge­nen bringen sollte, ein Einschnitt erreicht. Die von Außen­mi­nis­ter Molotov von den Organen des sowje­ti­schen Innen­mi­nis­te­ri­ums (MVD) erbete­ne Bilanz der bisher statt­ge­fun­de­nen Gerichts­ver­fah­ren ergab genau 1112 Verur­tei­lun­gen deutscher Militär­an­ge­hö­ri­ger sowohl in den öffent­li­chen wie nicht­öf­fent­li­chen Verfah­ren bis zum April 1948. Da inzwi­schen auch die Sowjet­re­gie­rung sich zu der Verpflich­tung bekannt hatte, bis zum Jahres­en­de 1949 ihre deutschen Kriegs­ge­fan­ge­nen zu entlas­sen, entstand das Problem, wie mit den gut 10000 wegen Kriegs­ver­bre­chen bereits Beschul­dig­ten und den rund 6000 noch in Unter­su­chungs­ver­fah­ren befind­li­chen Gefan­ge­nen weiter zu verfah­ren sei. So kam es schließ­lich zu jenen gerade­zu fließ­band­ar­tig abgespul­ten Massen­pro­zes­sen der letzten Wochen des Jahres 1949, was für die Verur­teil­ten ihre Freilas­sung ausschloss, da die Sowjet­uni­on von da an gemäß offizi­el­ler Sprach­re­ge­lung keine Kriegs­ge­fan­ge­nen mehr, sondern nur noch rund 15000 „verur­teil­te Kriegs­ver­bre­cher“, darun­ter rund 200 Generals­rän­ge, in ihrem Gewahr­sam zurück­be­hielt. Diese Massen­pro­zes­se entspra­chen zweifel­los nicht im Entfern­tes­ten rechts­staat­li­chen Krite­ri­en. Wegen der allge­mein dürfti­gen Beweis­la­ge gründe­ten die Urtei­le neben Artikel 1 des Ukaz 43 fast durch­weg auf dem belie­big ausleg­ba­ren Mittä­ter­schafts­ar­ti­kel 17 des Straf­ge­setz­bu­ches der Russi­schen Födera­ti­on, dem gemäß schon die blose Zugehö­rig­keit zu einem bestimm­ten Truppen­ver­band einen Schuld­spruch ermög­lich­te. Gewiss spiel­te in diesem Zusam­men­hang auf dem Hinter­grund der sich verschär­fen­den weltpo­li­ti­schen Lage auch das Motiv eine Rolle, durch die Gewin­nung einer Art ‚Faust­pfand‘ politi­schen Druck auf die gerade erst gegrün­de­te Bundes­re­pu­blik auszu­üben. Die beiden Entlas­sungs­wel­len von 1953/54 (in die DDR) und 1955/56 (in die Bundes­re­pu­blik) lösten am Ende das mittler­wei­le vorran­gig außen­po­li­tisch gewor­de­ne Problem (Aufnah­me diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen entge­gen der damali­gen Hallstein-Doktrin). Es war Manfred Messer­schmidt, der in seinem Sammel­band­auf­satz über den Minsker Prozess von 1995 die Frage einer juris­ti­schen Rehabi­li­tie­rung von Betrof­fe­nen jener „summa­ri­schen Verfah­ren“ von 1949 aufwarf. Schließ­lich war bereits im August 1990 durch einen Erlass Michail Gorbat­schows, dem ein Rehabi­li­tie­rungs­ge­setz vom Oktober 1991 folgte, eine Chance für Rehabi­li­tie­run­gen durch die sowje­ti­schen Justiz­be­hör­den auf Antrag der Betrof­fe­nen oder ihrer Angehö­ri­gen eröff­net worden, wodurch im Laufe der 90er Jahre solche mit häufig positi­vem Ergeb­nis zu beträcht­li­cher Höhe anwuch­sen, d.h. bis zum Jahres­en­de 2002 mehr als 9000 Rehabi­li­tie­run­gen verur­teil­ter deutscher Solda­ten und Zivilis­ten erfolg­ten. Es war der damali­ge Justiz­oberst und Leiter der Abtei­lung für die Rehabi­li­tie­rung auslän­di­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger bei der General­staats­an­walt­schaft der Russi­schen Födera­ti­on, Leonid Kopalin, der in einem in Bonn gehal­te­nen Vortrag vom Mai 1995 auch zur Frage einer Chance auf Rehabi­li­tie­rung in den Fällen jener öffent­li­chen Prozes­se der Jahre 1946/47 Stellung genom­men hat und dabei beispiel­haft auf den Minsker Prozess verwies. Sein damali­ges ebenso kurzes wie eindeu­ti­ges Fazit laute­te: „Diese Verur­tei­lung erfolg­te nach sorgfäl­ti­ger Prüfung des Falles zu recht. Eine Rehabi­li­tie­rung kommt daher nicht in Frage.“

Manfred Zeidler
April 2025

Anmerkungen
Zu Abschnitt 1-3:
Reinhart Maurach, Die Kriegsverbrecherprozesse gegen deutsche Gefangene in der Sowjetunion, Hamburg 1950, S. 30f. Ders., Handbuch der Sowjetverfassung, München 1955, S. 288-290.
Allgemeiner dazu: Manfred Zeidler, Stalinjustiz contra NS-Verbrechen, Dresden 1996, S. 25-34.
Andreas Hilger/Nikita Petrov/Günther Wagenlehner, Der „Ukaz 43“ in: Sowjetische Militärtribunale, Bd. 1, Köln-Weimar 2001, S. 177-209. Russisches Original mit Übersetzung in: Zeidler, Stalinjustiz, S. 52-56. Auch S. 16-23.
Winfried Meyer, Stalinistischer Schauprozess gegen KZ-Verbrecher? Der Berliner Sachsenhausenprozess vom Oktober 1947, in: Dachauer Hefte, 13/1997, S. 153-180.
Georg Frey, Das Strafverfahren gegen deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion, in: Osteuropa-Recht, 1/1955, S. 31-37.
Nikita Petrov, Deutsche Kriegsgefangene unter der Justiz Stalins, in: Stefan Karner, „Gefangen in Russland“, Graz- Wien 1995, S. 176-221, Zit. S. 192.
Andreas Hilger, Sowjetische Justiz und Kriegsverbrechen. Dokumente, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (VfZ), 3/2006, S. 461-515. Zur politischen Vorbereitung von Minsk: Dokument Nr. 2 (S. 480-484).

Zu Abschnitt 4-7:
Die russische Druckfassung des Gerichtsprotokolls: Sudebnyj process po delu o slodejanijach soversennych nemecko-fasistskimi zachvacikami v Belorusskoj SSR, Minsk 1947. Die russische Schreibmaschinenfassung des Urteils in der Kriegsgefangenenakte Hetterich der Ludwigsburger Zentralstelle der Länderjustizverwaltungen, ZSL 208 AR-Z 68/75. Dort auch Hetterichs Vernehmung durch die Kripo Würzburg vom 24. 10. 1975 zu seinem Schuldgeständnis im Minsker Prozess.
Zum Prozessverlauf selbst: Der Minsker Prozess, in: Mittelweg 36, (MW), 3/1994, S. 32-37. Manfred Messerschmidt, Der Minsker Prozess 1946, in: Hannes Heer, Klaus Naumann (Hrsg.), Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944, Hamburg 1995, S. 551-558. Wolf Stoecker, Der Minsker Schauprozess 1946, in: Deutsche Militärzeitschrift (DMZ), Nr. 24, 2001, S. 60-64. Manfred Zeidler, Der Minsker Kriegsverbrecherprozess vom Januar 1946, in: VfZ, 2/2004, S. 211-244. Zum Verfahrensverlauf speziell S. 226-235.
Zu den Moskauer und zum Budapester Schauprozess siehe die deutschsprachigen Ausgaben: Prozessbericht über die Strafsache des sowjetfeindlichen trotzkistischen Zentrums, Moskau 1937, S. 564f. und Prozessbericht über die Strafsache des antisowjetischen „Blocks der Rechten und Trotzkisten“, Moskau 1938, S. 764, sowie Laszlo Rajk und Komplizen vor dem Volksgericht, Budapest 1949, S. 313f.

Zu Abschnitt 8:
Speziell zum Schauprozesscharakter des Verfahrens: Zeidler, Der Minsker Kriegsverbrecherprozess, S. 216-223. Allgemeiner dazu: Theo Pirkner (Hrsg.), Die Moskauer Schauprozesse 1936-1938, München 1963, S. 81-89, Wladislaw Hedeler, Chronik der Moskauer Schauprozesse 1936, 1937 und 1938. Planung, Inszenierung und Wirkung, Berlin 2003 und George H. Hodos, Schauprozesse. Stalinistische Säuberungen in Osteuropa 1948-1954, Berlin 2001, sowie Jürgen Zarusky, Politische Justiz unter Stalin im Umbruchjahrzehnt 1928-1938, in: Totalitarismus und Demokratie (TD), 1/2011, S. 53-75.
Zu den rechtshistorischen Bewertungen von Fincke und Schroeder siehe: Stalins Willkürjustiz gegen deutsche Kriegsgefangene. Dokumentation und Analyse von Günther Wagenlehner, Bonn 1993, S. 48-57. Zu Hilger, Sowjetische Justiz und Kriegsverbrechen, Zit. S. 474. Zu Petrovs Urteil: Deutsche Kriegsgefangene unter der Justiz Stalins, S. 197 u. 218f. Zu Krupennikov: Verfahren gegen Kriegsverbrecher Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre, in: Die Tragödie der Gefangenschaft in Deutschland und in der Sowjetunion 1941-1956, hrsg. von Klaus Dieter Müller u.a., Köln-Weimar 1998, S. 197-214, Zit. S. 199. Zu Epifanov: Einige Besonderheiten der Strafverfolgung von Kriegsverbrechern in der UdSSR, in: E. Peter, A. Epifanov, Stalins Kriegsgefangene, Graz-Stuttgart 1997, S. 265-277, Zit. S. 277.
Zu Abschnitt 9:
Zu den Zahlen: Petrov, Deutsche Kriegsgefangene unter der Justiz Stalins, S. 205f. Zu den Massenprozessen von Ende 1949: Zeidler, Stalinjustiz contra NS-Verbrechen, S. 34-46. Martin Lang, Stalins Strafjustiz gegen deutsche Soldaten. Die Massenprozesse gegen deutsche Kriegsgefangene, Herford 1981. Die Fünf-Minuten-Prozesse: Aus Kriegsgefangenen werden Kriegsverbrecher, in: P. Carell, G. Böddeker, Die Gefangenen, Berlin 1980, S. 354-366. Die Verurteilten, in: H. Bohn, Die Letzten, Köln 1954, S. 39-47.
Zu Messerschmidt: Minsker Prozess, S. 566. Ergänzend: Zur Rehabilitierung ausländischer Opfer der sowjetischen Militärjustiz. Dokumentation, in Deutschland-Archiv (DA), 8/1994, S. 880-889. Leonid Kopalin, Die Rehabilitierung deutscher Opfer sowjetischer politischer Verfolgung. Vortrag vom 16. Mai 1995 in Bonn, Bonn-Bad Godesberg 1995, Zit. S. 36.
Fotos aus: Wolf Stoecker, Der Minsker Schau-Prozess 1946, in: Deutsche Militärzeitschrift (DMZ), Nr. 24, März 2001, S. 60-64 (Archiv Chronos Film GmbH, Kleinmachnow).

Zitier­emp­feh­lung:

Zeidler, Manfred: „Der Minsker-Prozess, BSSR 1946“, in: Groenewold/ Ignor / Koch (Hrsg.), Lexikon der Politi­schen Straf­pro­zes­se, https://www.lexikon-der-politischen-strafprozesse.de/glossar/minsker-prozess/, letzter Zugriff am TT.MM.JJJJ.