Spanien 1963
Franquismus
Partido Comunista de España
Der Prozess gegen Julián Grimau
Spanien 1963
1. Prozessgeschichte
Am 18. April 1963 wurde Julián Grimau García, einer der führenden spanischen Kommunisten, vor dem Militärgericht der 1. Militärregion in Madrid in einem summarischen Verfahren wegen militärischer Rebellion zum Tode verurteilt und am frühen Morgen des 20. April auf einem Schiessfeld in der Nähe des Madrider Gefängnisses von Carabanchel hingerichtet. Die Anklage hatte ihm vorgeworfen, als Kriminalbeamter der Republik während des Spanischen Bürgerkrieges in einer sogenannten „Tscheka“, d.h. einem geheimen Verhör- und Folterort, in Barcelona zahlreiche untergetauchte Franco-Anhänger verhört und brutal gefoltert zu haben.
Grimaus Fall stellt eine wichtige Zäsur in der Geschichte der franquistischen Rechtsprechung dar: Zum einen handelt es sich dabei um die letzte Hinrichtung, die sich auf Sachverhalte aus der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs (1936–1939) bezog – nicht von ungefähr wird Grimau als „letzter Toter des Bürgerkrieges“ bezeichnet. Zum anderen sollte sein Gerichtsprozess einer der letzten sein, bei welchem die Militärgerichtsbarkeit für Delikte gegen die öffentliche Ordnung zuständig sein sollte. Im Dezember desselben Jahres wurde das zivile „Tribunal für öffentliche Ordnung“ (sp. Tribunal de orden público, TOP) ins Leben gerufen – und erst 1977 aufgehoben –, das zwar unter Umständen hohe Gefängnisstrafen aber keine Todesurteile aussprechen würde. In spanischen Militärkreisen sah man die Rolle der Armee als strafende Instanz des Regimes zunehmend kritisch an (Payne/Palacios, S. 406; Beck, S. 254).
Der Prozess und die Hinrichtung Grimaus schlugen hohe Wellen. Internationale Persönlichkeiten aller politischen Couleur, wie der Erzbischof von Mailand, Kardinal Giovanni Battista Montini – der spätere Papst Paul VI. –, Königin Elisabeth II., der Chef der britischen Labour-Partei Harold Wilson, der Regierende Bürgermeister West-Berlins Willy Brandt und der Erste Sekretär der KPdSU und Regierungschef der Sowjetunion Nikita S. Chruschtschow setzten sich für eine Begnadigung des Verurteilten ein. In zahlreichen Hauptstädten Europas wurde vor der Botschaft Spaniens heftig protestiert (Preston, Franco, S. 709; Payne, S. 501; Payne/Palacios, S. 405; Fusi, S. 192; Crozier, S. 436).
Aufgrund der nachweislich angewandten Folter gegen den Beschuldigten, der zahllosen Unregelmäßigkeiten des Verfahrens sowie der langen Zeitspanne zwischen den zur Last gelegten Taten und dem Urteil, kann zurecht von einem „Justizmord“ oder „Staatsverbrechen“ gesprochen werden. Besonders schwerwiegend ist auch die Tatsache, dass Grimau nach franquistischem Recht, laut der Verfassung des Regimes – dem Fuero de los Españoles (1945) – gemäß Artikel 17 ein Anspruch auf Rechtssicherheit und auf Schutz vor Willkür zustand (Viñas, S. 140). Diese Rechte wurden ihm im Verfahren grundsätzlich verwehrt.
Daher gilt Grimau noch heute insbesondere in linken Kreisen als Märtyrer (Semprún, S. 232). Doch mit seiner Erschießung verbinden sich auch Fragen der Verantwortung seiner Partei, insbesondere des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Spaniens, Santiago Carrillo (1915–2012), der Grimau für den Untergrundkampf nach Spanien beordert hatte. Aufgrund seines politischen Profils und seiner Karriere galt Grimau als ausdrücklich durch das Regime gefährdet (Preston, Stalinist, S. 228–230; Carvajal, S. 38–44; Semprún, S. 232–236, 252–254).
2. Prozessbeteiligte
a) Der Angeklagte
Julián Grimau García wurde am 11. Februar 1911 in Madrid geboren als Sohn einer bürgerlich-aufgeklärte Familie. Er war der Älteste von insgesamt vierzehn Geschwistern. Sein Vater, der Jurist und Arzt Enrique Grimau, Freimaurer und Anhänger liberaler Ideen, war als Polizeiinspektor tätig. Die Mutter, María García, war eine überzeugte Katholikin. Nach einem Aufenthalt in A Coruña kehrte Julián Grimau 1934 nach Madrid zurück und trat der gemäßigten Föderalen Republikanischen Partei (sp. Partido Republicano Federal) bei, der bereits sein Vater angehörte. Zu Beginn des Spanischen Bürgerkriegs (1936–1939) bot sich die Chance, in den Sicherheitsdienst der Spanischen Republik einzutreten. Nach Bestehen der Prüfung wurde er der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsbrigade (sp. Brigada de Investigación Criminal) zugeteilt. Im Oktober 1936 trat er der Kommunistischen Partei Spaniens (sp. Partido Comunista de España, PCE) bei (Carvajal, S. 15–20). In seiner Ermittlerfunktion war Grimau zunächst in Madrid, dann in Valencia und schließlich in Barcelona stationiert. Sein Auftrag bestand darin, die Angehörigen der „fünften Kolonne“, d.h. die untergetauchten Franco-Anhänger im republikanischen Spanien zu verfolgen, die Spionage- und Sabotageakten gegen die Republik verübten und falsche Informationen verbreiteten (Batista, S. 36). Einige Autoren nennen auch die Trotzkisten als Ziel Grimaus (Tusell, S. 488; Preston, Stalinist, S. 229; Semprún, S. 252). Als die Niederlage der Republik absehbar war, floh Grimau nach Frankreich und im November 1939 über Bordeaux in die Dominikanische Republik. Im September 1940 zog er weiter nach Kuba, wo er bis 1947 lebte, um dann wieder nach Frankreich zurückzukehren. Von hier aus half er, Menschen, Druckerzeugnisse und Material nach Spanien zu schmuggeln. 1951 heiratete er die Parteigenossin Ángela Martínez Lanzaco. Anlässlich des 5. Kongresses der KP Spaniens im November 1954 in Prag wurde Grimau ins Zentralkomitee der Partei gewählt. Ab 1957 zog er im Auftrag der Partei – ohne Frau und Töchter – illegal nach Spanien und ließ sich schließlich in Madrid nieder. 1959 übernahm er zusammen mit den Parteigenossen Jorge Semprún (1923–2011) und Francisco Romero Marín (1915–1998) die Leitung der illegalen Parteiaktivität in der Stadt. In dieser Zeit wechselten Grimau und seine Genossen häufig den Wohnsitz und pendelten zwischen Frankreich und Spanien (Semprún, S. 236f.). Am 7. November 1962 wurde Julián Grimau von der Politischen Polizei des Regimes (Brigada político-social) verhaftet. Die Verhaftung erfolgte während einer Busfahrt durch Madrid, vermutlich aufgrund der Denunziation eines unter Druck gesetzten Parteigenossen, der kurz davor ebenfalls verhaftet worden war (Carvajal, S. 98f.). Daraufhin wurde Grimau zur Generaldirektion für Sicherheit (sp. Dirección General de Seguridad) an der Madrider Puerta del Sol gebracht, die damals von Carlos Arias Navarro, dem späteren Ministerpräsidenten, geleitet wurde. Der Verhaftete trug eine Mappe mit unterschiedlichen subversiven Pamphleten und Bargeld in der Höhe von 13.455 Peseten bei sich (Del Águila, S. 98). Nach einer körperlichen Durchsuchung wurde er verhört. Grimau gab auf einem Blatt Papier seine wahre Identität und seine Zugehörigkeit als Mitglied des Zentralkomitees der PCE preis. Unzufrieden mit diesen spärlichen Angaben, drohten ihm die Kriminalbeamten zuerst mit Erschießung, dann mit körperlicher Gewalt. Daraufhin wurde er in Handschellen in einen anderen Raum geführt, wo er tatsächlich wiederholt an Kopf, Gesicht und Bauch mit und ohne Schlagstöcke misshandelt wurde, sodass er ohnmächtig wurde und ins Gefängniskrankenhaus Yeserías gebracht werden musste. Aufgrund eines Schädelbruchs am linken Scheitelbein wurde er operiert. Zudem waren beide Handgelenke gebrochen und die Beine gelähmt. Dies dürfte als Folge eines Fenstersturzes gedeutet werden. Das Regime versuchte, Grimaus Verletzungen als Folgen eines angeblichen Selbstmordversuches zu kaschieren (Lorenzo Rubio, S. 163f.); wonach der Inhaftierte in der Generaldirektion aus dem Fenster des ersten Geschosses gesprungen sein soll. Tusell führt aus, dass Grimau entweder von den Beamten aus dem Fenster gestürzt worden sei oder sich die Verletzungen bei einem Fluchtversuch zugezogen hätte (Tusell, S. 488f.). Allerdings ist auch ein Suizidversuch nicht auszuschließen (Semprún, S. 253).
Die PCE begann in der Folge eine internationale Kampagne gegen das Franco-Regime und seine menschenverachtenden Polizei-Praktiken. Vor den Spanischen Botschaften in London, Rom und Paris wurde demonstriert. Die Mobilisierung erstreckte sich auch auf intellektuelle Kreise. Das vom spanischen Dichter und Dissidenten Marcos Ana in Paris ins Leben gerufene Centro de Información y Solidaridad con España mobilisierte Persönlichkeiten wie Pablo Picasso, Yves Montand und Simone Signoret, die sich öffentlich gegen das Regime aussprachen. Im Januar 1963 begaben sich drei Ärzte, Angehörige der französischen Ärztekommission, nach Madrid, um Grimau zu untersuchen, was ihnen allerdings von der Militärjustiz verwehrt wurde (Carvajal, S. 136).
Die Polizei hatte nach dem Verhör alle Strafregisterauszüge in Bezug auf Grimau angefordert und daraus eine einseitige und übertriebene Kriminalbiografie des Verhafteten verfasst. Es war die Rede von einem „gefährlichen“ Kommunisten, der es bis zum Chef der „Roten“ Kriminalpolizei geschafft hatte. Später diffamierten ihn regimetreue Medien als ehemaligen Tschekisten (Del Águila, S. 100).
Zu diesem Zeitpunkt wurde von zwei Seiten gegen Grimau ermittelt: Zum einen durch den militärischen Untersuchungsrichter, Infanterie-Oberst Enrique Eymar Fernández, dem die Einleitung des Falles anvertraut wurde. Eymar formulierte eine Anklage wegen militärischer Rebellion, was eine Aburteilung durch ein summarisches Militärgericht (Consejo de guerra sumarísimo) nach sich zog. Der Fall erhielt die Aktenzeichen 1601/62. Zum anderen hatte der zivile Untersuchungsrichter Luis Cabrerizo Botija am 8. November eine zusätzliche Klage gegen Grimau wegen versuchten Selbstmordes – was damals als Straftatbestand galt – eingeleitet. Cabrerizo soll sich allerdings erst Tage später an den Tatort begeben haben. Am 21. November besuchte Cabrerizo Grimau im Krankenhaus zum Verhör, doch ohne Rechtsbeistand (Carvajal, S. 123). In der Erklärung vor dem zivilen Untersuchungsrichter wurde jeglicher Hinweis auf Folter vermieden und der Suizidversuch untermauert. Einzig einer der Beamten soll zu ihm gesagt haben: „Dich wird man bald erschießen.“ Grimau, dessen gebrochene Handgelenke eingegipst waren, konnte die Erklärung nicht unterzeichnen. Das Verfahren wegen versuchten Selbstmordes wurde schließlich vom Madrider Provinzialgericht eingestellt. Noch heute ist der Tathergang unklar.
Am 26. November wurde Grimau von Oberst Eymar – immer noch ohne Rechtsbeistand – verhört. Entgegen den Bestimmungen des Militärstrafgesetzbuches zwang der Richter den Angeklagten, die Eidesformel auszusprechen. Bis auf die ersten vier Fragen, die die Aktivitäten des Angeklagten in der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs betrafen, behandelte das Verhör die illegale Arbeit und seine Kontakte seit 1959. Grimau verweigerte auf jede Frage die Aussage (Del Águila, S. 108). Darauf formulierte Eymar eine Anklage wegen Rebellion nach dem Gesetzes-Dekret vom 21. September 1960 und Artikel 289 des Militärstrafgesetzbuches.
Erst am 29. November durfte der Rechtsanwalt Amandino Rodríguez Armada, ein Mitglied der PCE, zu seinem Mandanten. Er tat dies in Begleitung eines Notars zwecks Beglaubigung einer Vollmacht. Aus Carvajals Ausführungen (S. 119) geht hervor, dass der Verteidiger Morddrohungen erhielt und einem Mordversuch auf offener Straße knapp entkam.
Am 20. Januar 1963 erschien in der Zeitung Arriba, dem offiziellen Organ der faschistischen Staatspartei FET y de las JONS, ein diffamierender Artikel über den Angeklagten. Es war die Rede von brutalsten Folterpraktiken, die Grimau selbst in Barcelona in den Jahren des Bürgerkrieges praktiziert hätte, und von den neuen „Tschekas“, die er in Madrid aufzubauen beabsichtigt hätte. Rodríguez Armada reichte darauf eine Beschwerde gegen die Zeitung ein, die aber wirkungslos blieb, zumal Grimau vor deren Behandlung hingerichtet wurde (Carvajal, S. 140).
Unterdessen – am 19. Januar – war der noch nicht vollständig erholte Angeklagte ins Gefängnis von Carabanchel verlegt worden. Ein weiteres Verhör fand am 29. März 1963 in Anwesenheit von Oberst Eymar und Staatsanwalt Major Enrique Amado statt. Vier der insgesamt sieben Fragen, die Eymar stellte, befassten sich mit Grimaus Rolle im Spanischen Bürgerkrieg. Der Staatsanwalt stellte drei weitere Fragen. Eine davon zielte auf die Äußerungen einer langen Liste von Zeugen und Zeuginnen ab; Äußerungen, die Grimau nie zu Gesicht bekommen hatte. Die letzte Frage befasste sich mit seiner kommunistischen Gesinnung, die er ausführlich und mit Überzeugung beantwortete (Del Águila, S. 109f.).
Vor dem Hintergrund der spärlichen Beweislage gegen Grimau, stellten die Ermittler schon kurz nach seiner Verhaftung einen bemerkenswerten Aufwand an, belastende Zeugnisse und Beweise zu produzieren, was den Charakter einer „Justizfarce“ untermauert (Del Águila, S. 114–121). In kürzester Zeit wurden angeblich Zeugenberichte verfasst, wobei entgegen der gültigen Strafprozessordnung keiner dieser Zeugen der späteren Gerichtsverhandlung beiwohnte.
Unter den Zeugenaussagen befand sich die von Joaquina Ventoldrá Niubó, der Witwe eines im Spanischen Bürgerkrieg Hingerichteten, für dessen Erschießung Grimau verantwortlich gewesen sein sollte. Insgesamt konnte die Polizei innerhalb kürzester Zeit weitere 14 Personen als Zeugen ausmachen; namentlich María Dolores Amorós Sabate, Ana Sot Delclós, Teresa Roma Argente, Otilia Argente Montaner, Manuela Cuxart Salaet, Mercedes Plá López, Jesusa Satiné, María Pons Madurell, Antonio Deleu, Celso Mira Martínez de Cantullera, Monserrat Font Cuyás, Teresa Antolí Pellicer, Nicolás Riera Marsá Llambí und Adrián Gual de Sojo.
Auffallend ist laut Del Águila (S. 120), dass sämtliche Zeugenaussagen am selben Tag – am 17. Dezember 1962 – stattfanden; auch jene von Ana Sot Delclós, die nicht in Barcelona, sondern in Girona gemacht wurde. Weitere Regelwidrigkeiten waren das Fehlen jeglicher Informationen wie Alter, Geburtsort, Zivilstand des Zeugen und Beziehung zum Angeklagten. Eine Bestätigung derselben fand am 31. Dezember statt, doch ohne das Beisein des Untersuchungsrichters. Ebenfalls unüblich und unrechtmäßig war der Verzicht auf eine Gegenüberstellung der Zeugen untereinander und mit dem Angeklagten.
Einer der beiden Kommissare, die die Zeugenbefragung durchführten, war Chef-Inspektor Antonio Juan Creix, der während des Bürgerkrieges als Spion für die „fünfte Kolonne“ in Barcelona gearbeitet hatte, bis seine Tarnung aufgedeckt und er in eine „Tscheka“ gebracht worden waren. Dort wurde er gefoltert, dann zum Tode verurteilt, später umgewandelt zu 15 Jahren Haft, bis er floh und die von Francos Truppen kontrollierte Zone erreichte. In der Diktatur profilierte er sich als erfolgreicher polizeilicher Ermittler. Die meisten Verhaftungen im Zusammenhang mit dem Burgos-Prozess sind auf ihn zurückzuführen (Batista, S. 34–36, 51; Del Águila, S. 120).
Zusätzlich zu diesem Eifer bei der Suche nach belastenden Zeugen bezogen die Fahnder sich auf die sogenannte causa general (dt. allgemeine Rechtssache). Die causa general war eine Sammlung von Akten, die die angeblich verbrecherische Natur der Republik und ihrer Diener in der Zeit des Bürgerkrieges beweisen sollte (Carvajal, S. 21–23). Am 14. Januar 1963 berichtete Staatsanwalt Antonio González Cuéllar von der Existenz gewisser Aussagen zulasten Grimaus in der Aktensammlung. Diese seien Beweis für eine mögliche Beteiligung Grimaus in einer Tscheka an der Plaza Berenguer el Grande in Barcelona während des Bürgerkriegs. Die Aussagen stammten von Antonio Campany Argitas, Jorge Antolí Doménech und seinen Töchtern Pilar und Teresa Antolí Pellicer sowie von der bereits genannten Joaquina Ventoldrá Niubó. Eine relevante Stellung Grimaus an jenem Verhör- und Folterkerker der PCE wurde behauptet, in dem angeblich brutale Folterpraktiken gegen 45 Personen angewandt worden waren. Aufgrund des Verhörs seien 14 Menschen vom republikanischen „Sondertribunal für Spionage und Hochverrat“ zum Tode verurteilt und im Graben von Schloss Montjuïc erschossen worden.
Der Jurist Juan José del Águila betont, dass das belastende Material erst durch das Insistieren Eymars auftauchte und dass in anderen, früheren internen Schreiben auf Aussagen verwiesen wurde, die zu jenem Zeitpunkt noch nicht bestanden. Ferner irritiert, dass die genannte berüchtigte Tscheka nirgendwo anders in den Akten der causa general zur Sprache kommt (Del Águila, S. 122–125).
Die Untersuchungsphase wurde am 3. April 1963 von Oberst Eymar für abgeschlossen erklärt. General Rafael García Valiño, Generalkapitän der 1. Militärregion, ordnete eine Gerichtsverhandlung durch ein Militärgericht (sp. Consejo de guerra) in einem summarischen Verfahren an. Dies war eine seit dem Spanischen Bürgerkrieg übliche Form, bei der die Angeklagten bzw. die Verteidigung kaum Rechte hatten, so dass Prozesse schnell und zugunsten der Anklage abgewickelt werden konnten (Marco, S. 198–200). Obschon die militärische Strafprozessordnung für das summarische Verfahren eine Frist von vier Stunden vorsah, um die Anklage zu formulieren, nahm sich der Ankläger Amado fünf Tage Zeit.
b) Die Verteidiger
Amandino Rodríguez Armada, Rechtsanwalt, ziviler Strafverteidiger Grimaus. Als Zivilist durfte er seinen Mandanten in einem Militärgerichtsfall nicht verteidigen. Das Militärgericht duldete dennoch seine Anwesenheit und das Tragen der Robe im Saal (Carvajal, S. 164).
Hauptmann Alejandro Rebollo Álvarez-Amandi (1934–2015), militärischer Strafverteidiger. Rebollo hatte 1956 sein Studium der Rechtswissenschaften in Oviedo abgeschlossen und trat danach dem Juristenkorps des Heeres bei. Er war keine dreißig Jahre alt, als ihm der Auftrag erteilt wurde, Grimau zu verteidigen. Jahrzehnte später beteuerte er die Integrität seines Klienten. Für seinen Einsatz als Verteidiger Grimaus würdigte die Stadt Prag ihn jahrelang durch die Benennung einer Straße. Nach dem Tode Francos ging er in die Politik, trat der Mitte-Rechts-Partei UCD (Unión de Centro Democrático) von Ministerpräsident Adolfo Suárez bei und wurde zu einem engen Vertrauten. Später war er Mitbegründer von dessen Nachfolgepartei CDS (Centro Democrático y Social). Zwischen 1980 und 1982 war er Präsident der staatlichen Eisenbahngesellschaft RENFE (J. A. Ordóñez, La Nueva España, 12. März 2015).
c) Das Gericht
Vorsitzender des Gerichts: Kavallerie-Oberst Valentín Bulnes Alonso-Villalobos
Beisitzer: Hauptmann der Panzer-Ingenieurkorps Francisco Bravo Serrano
Beisitzer: Hauptmann der chemischen Verteidigung José Domínguez González
Beisitzer: Hauptmann der Dragoner Luis Valín Gómez
Gerichtsberichterstatter und Rechtsberater des Gerichts: Major-Auditor Manuel Fernández Martín. Für gewöhnlich bestand das gesamte Gericht aus Laien mit Ausnahme des Rechtsberaters (Beck, S. 252). Doch in diesem Fall stellte auch Fernández Martín keine Ausnahme dar. Mittels Urkundenfälschung hatte er sich in der Welt der spanischen Militärjustiz hochgestapelt. Im Februar 1964 wurde er von einem Madrider Rechtsanwalt beim Generalkapitän der ersten Militärregion angezeigt. Im September 1966 wurde Fernández Martín vom Obersten Rat der Militärjustiz wegen unrechtmäßiger Ausübung von Handlungen des militärischen Berufsstandes zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Von den 4000 Gerichtsverhandlungen, an denen er als Ankläger oder Gerichtsberater beteiligt war, endeten circa 1000 mit einem Todesurteil endeten (Del Águila, S. 137, 418–420; Jimeno Aranguren, S. 171; Tusell, S. 489; Sánchez Ruano, S. 252–255).
Untersuchungsrichter: Infanterie-Oberst Enrique Eymar Fernández (1885–1967). Eymar war kein Jurist, obschon er Ermittlungen im Vorfeld eingeleitet hatte. Streng genommen gehörte er nicht dem Gericht an. Er war 1958 von General Franco zum Sonderrichter für extremistische Aktivitäten ernannt worden. Seine Jurisdiktion erstreckte sich über ganz Spanien.
d) Ankläger (Staatsanwalt)
Major Enrique Amado del Campo, Jurist. Amado war ein Schwager von José Solís Ruiz, dem Minister-Generalsekretär der Staatspartei.
3. Zeitgeschichtliche Einordnung
Seit der Niederlage der Republik im Spanischen Bürgerkrieg im Jahre 1939 war General Francisco Franco Bahamonde (1892–1975) als Generalissimus aller Streitkräfte und Caudillo (Führer) Spaniens alleiniger Herrscher über das Land. Er begründete eine an faschistische Vorbilder angelehnte Diktatur mit ausgesprochen totalitären Zügen. Die Repression gegen Linke und Republikaner wurde unter Anwendung der Militärgerichtsbarkeit und mit Hilfe von außerordentlichen Gerichtshöfen wie dem „Sondertribunal für die Unterdrückung von Freimaurerei und Kommunismus“ (1940–1964) möglich. In den mehr als 180 Konzentrationslagern, die zwischen 1936 und 1947 existierten, wurden mehr als eine halbe Million Männer und Frauen interniert (Rodrigo, S. 553–573). Die Opferzahlen, die noch heute umstritten sind, belaufen sich auf über 100.000 Ermordete (Juliá (Hrsg.), S. 407–413).
Außenpolitisch fand während des Zweiten Weltkriegs eine Annäherung an die Achsenmächte statt, obschon Spanien offiziell neutral blieb. Mit dem Sieg über Faschismus und Nationalsozialismus wurde auch die Daseinsberechtigung des Franco-Regimes international in Frage gestellt. Blockaden zwangen in den späten 1940er-Jahren dazu, eine autarke Politik zu fahren. Innenpolitisch wurde die Vormachtstellung der faschistischen Falange beendet, die durch den Nationalkatholizismus weitestgehend abgelöst wurde. In den 1950er-Jahren wandte sich das Blatt zugunsten der Diktatur. Durch deren Wahrnehmung als antikommunistische Bastion im Kalten Krieg begann eine Phase der Annäherung seitens des Westens. In dieser Zeit ist die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen, das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl (1953), die Aufnahme Spaniens in die Vereinten Nationen (1955) und der Staatsbesuch des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower (1959) zu verorten (Prieto/López, S. 55).
Die Verhaftung, Gerichtsverhandlung und Hinrichtung Grimaus verlief paradoxerweise in einer Zeit der zunehmenden Abwendung von der frühen faschistischen Bürgerkriegsrhetorik und im Zeichen zunehmenden Wohlstandes, der Hegemonie technokratisch-neoliberaler Wirtschaftsplaner in der spanischen Regierung und der Suche nach einer weltweiten Akzeptanz Spaniens (Hofmann, S. 230–238; Prieto, S. 68–69). Auch die Repression gegenüber sogenannten Systemfeinden war punktueller ausgerichtet; die letzte Hinrichtung für politische Vergehen lag drei Jahre zurück (Portal González, S. 34). Dennoch war das Regime mit Widerstand konfrontiert. Zwischen April und Juni 1962 streikten die Bergbauarbeiter Asturiens. Ebenfalls im Juni versammelten sich Vertreter aller spanischen Oppositionsparteien in München, darunter auch liberale Monarchisten, Christdemokraten und Sozialisten, mit Ausnahme der Kommunisten, und forderten die Demokratisierung Spaniens und die Achtung der Menschenrechte (Carvajal, S. 79–87). Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) mit seinem Bekenntnis zur Menschenwürde stellte eine Provokation für das Regime dar, galt doch die Katholische Kirche als eine der Hauptstützen der Diktatur. Auch die Kubakrise im Oktober 1962 setzte das Regime in Alarmbereitschaft. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Angriffe und Konfrontationen ist Grimaus Rolle als Sündenbock zu verstehen, zumal die Hinrichtung der Diktatur eine Möglichkeit bot, nach Außen und nach Innen Stärke zu zeigen, etwa als Antwort auf die rechtsextremen Sektoren des Regimes, die den neoliberalen Entwicklungen im Lande mit Missfallen begegneten.
4. Anklage
Julián Grimau wurde der zweifachen militärischen Rebellion angeklagt. Im ersten Fall war dies – gestützt auf das Militärstrafgesetzbuch von 1890 – durch bloße Beteiligung gegeben mit dem strafverschärfenden Tatbestand der „Tragweite der Tatsachen“ und der „Perversität des Angeklagten“. Im zweiten Fall galt er als Haupttäter. Gemeint war hier seine eigene politische Aktivität, wie sie in den Artikeln 1 und 2 des Dekrets vom 21. September 1960 erläutert wurden:
„Des Verbrechens der militärischen Rebellion gemäß Artikel zweihundertsechsundachtzig Nummer fünf des Militärgesetzbuchs werden für schuldig befunden und gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzbuchs bestraft:
Erstens. Diejenigen, die falsche oder tendenziöse Nachrichten mit dem Ziel verbreiten, innere öffentliche Unruhen oder internationale Konflikte zu verursachen oder den Staat, seine Institutionen, seine Regierung, seine Armee oder seine Behörden in Misskredit zu bringen. Zweitens. Diejenigen, die sich auf irgendeine Weise an Versammlungen, Konferenzen oder Demonstrationen zu den gleichen Zwecken wie den in der vorherigen Nummer genannten beteiligen, sich mit ihnen verschwören oder an ihnen teilnehmen. Als solche können auch Anschläge, Streiks, Sabotage und andere ähnliche Handlungen angesehen werden, wenn sie ein politisches Ziel verfolgen oder die öffentliche Ordnung erheblich stören.“
(Dekret 1794/1960, vom 21. September 1960, Boletín oficial del Estado, 26. September 1960)
Auffallend ist die Berufung auf das Militärstrafgesetzbuch von 1890, das 1945 durch ein neues ersetzt und entsprechend außer Kraft gesetzt worden war. Die Erklärung für dieses Vorgehen liegt darin, dass das alte Gesetzbuch noch den Straftatbestand der kontinuierlichen militärischen Rebellion vorsah. Auf diese Weise konnte man Grimau auch für die Zeit zwischen dem Beginn des Bürgerkriegs und dem Zeitpunkt seiner Verhaftung anklagen.
Ferner sah das ordentliche ‚zivile‘ Strafgesetzbuch von 1944 vor, dass Delikte nach einer Dauer von zwanzig Jahren als verjährt galten und nicht verfolgt oder abgeurteilt werden konnten. Demzufolge hätte man Grimau für den ersten Fall nicht ahnden dürfen (Del Águila, S. 125–129).
Wie im Falle der Verurteilung des ehemaligen Präsidenten Kataloniens, Lluís Companys i Jover, im Jahre 1940 galt auch hier die Umkehrung des Begriffs der Rebellion. Gemäß dieser Auslegung waren die Feinde des Regimes Rebellen, weil sie sich nicht der eigentlichen Rebellion, dem Alzamiento gegen die Republik, angeschlossen oder den faschistischen Aufstand sogar bekämpft hatten.
5. Verteidigung
Im Gegensatz zur Anklage argumentierte die Verteidigung rigoroser in ihrer Schrift vom 11. April 1963. Rebollo grenzte die beiden Anklagepunkte und die jeweiligen Phasen klar voneinander ab. Dem ersten Vorwurf begegnete er mit Verweis auf die teils widersprüchlichen Aussagen der Zeugen in Bezug auf die Akten der causa general. Ferner kritisierte er, dass ebendiese Zeugen mit den vermeintlichen Folteropfern befreundet oder verwandt seien, was die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen in Frage stellte. Schließlich betonte er, dass Grimau lediglich als Sekretär jener Polizeibrigade und nicht als Chef agiert hatte, was für eine Strafmilderung sprach. Seine Taten seien im besonderen Kontext des Krieges und der gebotenen Loyalität seinen Vorgesetzten gegenüber zu deuten.
Weiterhin argumentierte Rebollo, dass die Berufung der Anklage auf das veraltete Militärstrafgesetzbuch von 1890 anstelle des gültigen von 1945 unzulässig sei. Durch den Verweis auf das geltende Militärstrafgesetzbuch beabsichtigte der Verteidiger die rückwirkende Anwendung des Gesetzes zugunsten seines Mandanten, wie es Artikel 24 des ordentlichen Strafgesetzbuchs vorsah. Außerdem machte Rebollo geltend, das straferschwerende Element der „Perversität des Angeklagten“ könne keine Anwendung finden könnte, da es dieses im damals aktuellen Militärstrafgesetzbuch fehlte.
Hinsichtlich des zweiten Vorwurfs stellte Rebollo die Anwendung des Dekrets vom 21. September 1960 in Abrede, da sein Mandant faktisch nie die öffentliche Ordnung gestört hatte, was eine Aburteilung über den militärgerichtlichen Weg ausschloss. Rebollo wies alle Anklagepunkte zurück und forderte Freispruch. Die provisorische Verteidigungsschrift forderte zunächst eine Haftstrafe von sechs Jahren für den ersten Anklagepunkt und eine weitere von drei Jahren für den zweiten. Später wurde die Forderung nach einem Freispruch im Falle der ersten Anklage handschriftlich ergänzt.
Zeugen zugunsten des Angeklagten traten vor Gericht nicht auf. Grimau hatte sich stets geweigert, Entlastungszeugen – etwa Parteigenossen oder Verwandte – zu nennen (Carvajal, S. 153f.).
6. Gerichtsverhandlung
Die Gerichtsverhandlung wurde auf den 18. April 1963, um 9 Uhr festgesetzt. Der Gerichtssaal befand sich in der damaligen Kaserne an der Calle del Reloj, Nummer 5, im Zentrum von Madrid. Heute sind die Büroräumlichkeiten des Spanischen Senates dort untergebracht.
Bei Prozessbeginn war Grimau noch immer gesundheitlich geschwächt: seine klaffende Wunde am linken Scheitelbein, die Eiter absonderte, und auch die Wunden an den Handgelenken waren noch gut sichtbar (Carvajal, S. 163).
Der Prozess begann mit der Verlesung des Ermittlungsberichts durch den Untersuchungsrichter Eymar. Darauf beantragte der Staatsanwalt das Verlesen eines polizeilichen Berichtes mit Verweis auf die Zeugenaussagen. Dieser endete mit der Betonung von Grimaus Rolle als Beamter der „Roten Polizei“ und seiner vermeintlich grausamen Foltermethoden an politischen Gegnern.
Anschließend wurde Grimau – zum fünften Mal – verhört. Der Staatsanwalt, der Gerichtsberichterstatter und der Verteidiger befragten den Angeklagten insbesondere zu seinen Tätigkeiten als Polizeibeamter im Spanischen Bürgerkrieg und als Mitglied der KP Spaniens. Nach einer zehnminütigen Pause verlas Staatsanwalt Major Amado die Anklageschrift, wobei er die Vorwürfe neu formulierte: Anstelle zweier Beschuldigungen wegen militärischer Rebellion warf er Grimau nur eine Tat vor, die aber einen kontinuierlichen und fortschreitenden Charakter aufwies. Als Grund für diese Neuformulierung wurde die Art und Weise angeführt, wie der Angeklagte auf die Fragen geantwortet hätte und in der sich angeblich eine besondere Perversität und Gefahr manifestiert hätte. Damit wurde auch die Forderung der Todesstrafe gerechtfertigt.
Sodann kam der Verteidiger zu Wort. Wie in seinem Schreiben vermerkt, betonte er die Unglaubwürdigkeit der Zeugenaussagen – sämtlich Freunden und Verwandte der Opfer – sowie die unpräzisen Aussagen und die zu beweifelnden Formulierungen. Die Unschuldsvermutung dürfe laut Hauptmann Rebollo durch solche Mutmaßungen nicht aufgegeben werden.
Der Gerichtspräsident fragte den Beschuldigten, ob er noch etwas hinzufügen wolle. Grimau wiederholte seine früheren Aussagen. Er habe als Polizeibeamter ehrlich und korrekt einem System und einer Regierung gedient, die er für legal und richtig hielt. Seine Überzeugungen hätten ihm niemals erlaubt, grausame Methoden anzuwenden. Er hätte im Gegenteil stets unter Beachtung der Menschenwürde gehandelt. Danach bekräftigte er nochmals seine Zugehörigkeit zum Zentralkomitee der KP Spaniens wie in seinem ersten Verhör. Er wies den Vorwurf des Suizidversuches zurück. Der Gerichtsberichterstatter unterbrach ihn mit der Mahnung, keine politische Kundgebung abzuhalten. Doch Grimau fuhr fort und verteidigte die kommunistische Ideologie, wofür er stets gekämpft habe und bis zu seinem letzten Tag kämpfen würde. (Del Águila, S. 133–136)
7. Urteil und Vollstreckung
Die Verhandlung wurde um 13:50 Uhr, also nach knapp vier Stunden vertagt. Das Gericht zog sich zur Beratung zurück. Wie in der Strafprozessordnung vorgesehen, wurde die Beratung durch das Referat des Gerichtsberichterstatters eingeleitet, der die wichtigsten Punkte zusammenfasste. Nach der Beratung erfolgte die Abstimmung: Die Mitglieder gaben ihre Stimmen in der Reihenfolge ansteigender Rangfolge ab, d.h. der Gerichtspräsident stimmte als letzter ab. Eine absolute Mehrheit der Stimmen war notwendig. Der Gerichtsberichterstatter verfasste darauf die Urteilsschrift, die zwölf maschinengeschriebene Seiten umfasste.
Darin stützte sich das Gremium vornehmlich auf die Zeugenaussagen, denen eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen wurde. Ferner nahm das Urteil Bezug auf belastende Akten, die im Vorfeld nirgendwo genannt worden waren und deren Herkunft nicht zugeordnet werden kann. Julián Grimau wurde der militärischen Rebellion als Haupttäter für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Für den Fall einer möglichen, allerdings wenig plausiblen Begnadigung sah das Strafmaß alternativ eine mindestens dreißigjährige Gefängnisstrafe vor. Unter den sechs Unterschriften der Gremiumsmitglieder wurde ein ergänzender Antrag hinzugefügt, der sich auf eine Verordnung der Regierung vom 25. Januar 1940 berief.
Noch am selben Tag reichte der Verteidiger innerhalb der vorgesehenen Frist von zwei Stunden den Antrag auf ein Berufungsverfahren beim Generalkapitän der 1. Militärregion ein. In den 25 Jahren, die seit den angeblichen Taten verstrichen waren, habe der Angeklagte nichts zur Störung der öffentlichen Ordnung unternommen. Seine Handlungen als Polizeibeamter in den Diensten der Republik seien unter dem Gesichtspunkt der Gehorsamspflicht zu betrachten. Ferner wies Rebollo auf die Möglichkeit von Verfahrensfehlern aufgrund mangelhafter Glaubwürdigkeit indirekter Zeugenaussagen und aufgrund widersprüchlicher Angaben hin. Daher forderte der Verteidiger die Aussetzung des Verfahrens oder zumindest die Aufhebung der Todesstrafe.
Der Rechtsberater des Generalkapitäns rechtfertigte eine Ablehnung des Berufungsverfahrens mit dem Hinweis auf die angebliche kriminelle Tätigkeit des Angeklagten, die er selbst nach dem Ende des Bürgerkrieges am 1. April 1939 fortgeführt habe. Noch am selben Tag wies General García Valiño die Berufung ab, bestätigte das Urteil und informierte den Ministerrat darüber.
Der Ministerrat unter dem Vorsitz des Generalissimus hatte formalrechtlich zwei Möglichkeiten: Er konnte vom Urteil Kenntnis nehmen (sp. enterado) und somit der Gerechtigkeit freien Lauf lassen oder aber die Todesstrafe in eine Gefängnisstrafe umwandeln (sp. conmutación). De facto stand jedoch allein dem Diktator das Recht zu, über die Vollstreckung zu entscheiden. Allerdings in diesem Fall ließ Franco den Ministerrat darüber abstimmen (Del Águila, S. 162f.). Die Regierung entschied für die Vollstreckung des Todesurteils. Am 19. April begab sich der Untersuchungsrichter zum Provinzialgefängnis von Carabanchel, um dem Angeklagten die Bestätigung des Urteils und dessen baldige Vollstreckung mitzuteilen.
Das damals gültige Militärstrafgesetzbuch gab in Friedenszeiten eine Erschießung bei Tageslicht und eine Frist von mindestens zwölf Stunden zwischen der Mitteilung an den Verurteilten und der Vollstreckung des Urteils vor. Keine dieser Vorschriften wurde eingehalten. Am Abend des 19. April wurde Hauptmann Rebollo aus seinem Haus abgeholt und zu Grimau nach Carabanchel gebracht. Als Verteidiger musste er die Nacht vor der Vollstreckung bei seinem Mandanten in der Gefängniskapelle warten, es sei denn, Grimau hätte ihn davon entbunden. Rebollos Erinnerung an Grimaus letzte Stunden bekräftigt die Integrität des Verurteilten. So soll Grimau selbst seinen Verteidiger getröstet haben: „Sei beruhigt, Alejandro, denn ich bin mit Deiner Verteidigung sehr zufrieden; Du hast eine großartige Arbeit geleistet“ (Del Águila, S. 167). In dieser Zeit sprachen sie über unterschiedliche Themen und wurden nur vom Arzt unterbrochen, der immer wieder Grimaus Gesundheitszustand untersuchte.
General García Valiño forderte den General der Guardia Civil auf, ein Erschießungskommando bestehend aus Angehörigen dieses Gendarmeriekorps zusammenzustellen, doch dieser lehnte ab mit Hinweis auf das Reglement. Daraufhin stellte der Generalkapitän selbst ein Peloton aus freiwilligen Soldaten zusammen. Grimau und sein Rechtsanwalt wurden zusammen mit den Soldaten in einen Lastwagen gesetzt und zum nahe gelegenen Schiessfeld gefahren. Rebollo beschreibt Grimaus Gefühlszustand während der Fahrt als eine Mischung von Gefasstheit und Angst. Als sie den Erschiessungsort erreichten, nahm der Verurteilte Abschied von seinem Verteidiger und umarmte ihn. Aufgrund der Dunkelheit musste er mit den Scheinwerfern der Lastwagen beleuchtet werden. Grimau lehnte die Augenbinde ab. Das Kommando ging in Stellung und feuerte, nachdem der Schiessbefehl von Oberleutnant Gallardo erfolgt war. Julián Grimau fiel zu Boden. Gallardo musste drei Gnadenschüsse abfeuern. Um 6:30 Uhr wurde Grimau für tot erklärt (Carvajal, S. 206–211; Del Águila, S. 165–169).
8. Wirkung und Wirkungsgeschichte
Für Juan José del Águila besteht zwischen der Verurteilung Grimaus und der Schaffung des Tribunals für öffentliche Ordnung eine klare Verbindung. Die Entlastung der Militärjustiz zugunsten eines zivilen Sondertribunals, die bereits 1962 begonnen wurde, sollte sich verzögern und erst nach der Hinrichtung Grimaus in Kraft treten. Grund dafür war das Risiko einer rückwirkenden Anwendung milderen Rechts, von welchem Grimau hätte profitieren können (Del Águila, S. 143f.).
Grimaus Hinrichtung sorgte weltweit für Entrüstung. Auch auf politischer Ebene blieb die Affäre nicht ohne Folgen: Spaniens Antrag zum Beitritt in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft wurde ausgesetzt (Payne, S. 530; Payne/Palacios, S. 405; Preston, Franco, S. 709). Im Gegensatz dazu schien der Vorfall die Spanien-Reise der beiden Bundesminister Werner Schwarz und Paul Lücke nicht zu beeinträchtigen (Aschmann, S. 249). Ein wahrhafter Kampf spielte sich in den Medien ab (Muñoz Soro, S. 183; Sánchez Ruano, S. 248–251). Nebst den Stimmen, die den Prozess im Zeichen der Menschenwürde verurteilten, gab es auch jene, die dem Regime das Wort redeten. Schon bald tauchten in regimenahen Blättern Vergleiche zwischen den Verbrechen oder den Prozessen von Julián Grimau und Adolf Eichmann (Sánchez Ruano, S. 250f.; Muñoz Soro, S. 186) auf. Auch das britische neofaschistische Blatt COMBAT beteiligte sich daran, um die vermeintlich einseitige Berichterstattung durch die BBC zu diskreditieren (Richardson, 198f.). In der Schweiz brach der rechtsextreme Publizist James Schwarzenbach eine Lanze für das Regime:
„Grimau gehört nicht zu den Weichen, sonst hätten ihn die Kommunisten nicht in diese Schlüsselstellung erhoben. Er gehört zu den harten Kämpfern, die vor Blut und Leichen nicht zurückschrecken. Er ist tapfer und fanatisch, wie es die überzeugten Rotkämpfer sind. Insofern gebührt ihm Achtung. Er hat sich vor dem Militärgericht offen zu seiner Überzeugung bekannt. ‚Ich habe als Kommunist gelebt. Ich werde als Kommunist sterben.‘ Das waren seine letzten Worte.
Hut ab vor einem solchen Kerl, darf man in unserer degenerierten, gefühlsduseligen bürgerlichen Welt ruhig sagen. Hut ab, aber auch vor den spanischen Richtern, die sich um das organisierte Geschrei der von den Roten gelenkten Weltmeinung – ein Geschrei, das bei der Prominenz des geschnappten Genossen zu erwarten war – keinen Deut scherten, und die harte Sprache anschlugen, die die Genossen am besten verstehen.“
(zit. in: Prieto, S. 113).
Ein differenzierteres Bild, in dem man dennoch den Einfluss des Kalten Krieges wieder erkennt, zeigt sich in einer Radiosendung des Saarländischen Rundfunks, die einige Tage nach der Hinrichtung ausgestrahlt wurde. Der Tenor der Sendung setzt Grimaus mögliche Schuld voraus, obschon irrtümlicherweise von Opfern des Angeklagten die Rede war, die auf der Zeugenbank ausgesagt und ihn erkannt hätten. Keine Erwähnung findet die Folter, der er ausgesetzt worden war. Kritisiert wird zwar die lange Zeit, die seit der zur Last gelegten Verbrechen vergangen war, doch steht hier der Vergleich mit der Verurteilung von Nazi-Verbrechen und die einseitige Empörung im Ostblock im Vordergrund.
Trotz dem weltweiten Protest und der Mobilisierung der öffentlichen Meinung gegen das Franco-Regime und dessen militärgerichtliche Praxis der Repression, griff Spanien noch im selben Jahr erneut auf ein summarisches Verfahren zurück. Am 17. August 1963 wurden die beiden Anarchisten Francisco Granados und Joaquín Delgado wegen eines Bombenanschlags, allerdings ohne tödlichen Ausgang, in Carabanchel mit der Garrotte hingerichtet. Ihr Geständnis war unter Anwendung einer mehrere Tage andauernden Folter erzwungen worden (Del Águila, S. 160; Portal González, S. 34; Lorenzo Rubio, S. 164f.).
Die Deutung Grimaus als Folterer im Spanischen Bürgerkrieg oder aber als Opfer von Folter der Diktatur scheint entlang ideologischer Grenzen fließend. Der Journalist Brian Crozier schrieb in seiner Franco-Biografie von 1967:
„Ich hätte ihm [J. Grimau, Anm. d. A.] einen faireren Prozeß gewünscht, vor einem Zivilgericht, nicht vor einem Militärtribunal, aber ich bin ziemlich fest überzeugt, daß er sich der ihm zur Last gelegten Verbrechen schuldig gemacht hatte. Und so wie ich der Ansicht bin, daß die inzwischen vergangene Zeit die Untaten der Nazi-Verbrecher, die noch heute von Zeit zu Zeit aufgedeckt werden, nicht getilgt hat, bin ich im Fall Grimaus der gleichen Überzeugung.“ (Crozier, S. 437).
Während Payne/Palacios in dieser Hinsicht keine Stellung beziehen – „war criminal or not“ (S. 405) –, präsentiert Preston Grimau – „beaten and tortured“ (Preston, Franco, S. 708) – als Opfer von Folter. Ein Hommage-Band von 1963 (Julián Grimau: el hombre, el crimen, la protesta) blendet jeglichen Hinweis auf seine Polizeiaktivitäten aus, erwähnt aber zumindest seinen Beitritt zur Ermittlungsbrigade (S. 17). Pedro Carvajal, Autor einer sehr wohlwollenden Grimau-Biografie mit nahezu hagiografischen Zügen, erteilt eine Generalexkulpation:
„In dieser Brigade [für Kriminalpolizeiliche Ermittlung, mit Sitz an der Plaza de Berenguer el Grande, Barcelona, d. A.] als offizielles Organ der Republik war die Folter als Ermittlungsmethode strikt ausgeschlossen. Bei den Verhören wurden keine anderen Druckmittel als die erlangten Beweise oder das übliche System der Gegenüberstellung zwischen den Verhafteten eingesetzt.“ (Carvajal, S. 21, Ü. d. A.)
Eine kritischere Haltung nimmt Grimaus Weggefährte Jorge Semprún ein, der bereits in den 1970er-Jahren schrieb:
„Da [in einem Erlebnisbericht aus Lateinamerika über Grimau, Anm. d. A.] wurde ziemlich detailliert Grimaus Arbeit in Barcelona beim Kampf gegen die Agenten der franquistischen Fünften Kolonne dargestellt, daneben aber auch […] seine Mitarbeit beim Kampf gegen die POUM. Ich habe von dem Dokument keine Kopie und erinnere mich nicht an Einzelheiten dieses Aspekts von Grimaus Tätigkeit, den der Zeuge aus Lateinamerika da unbekümmert haarklein erzählte. Ich weiß nur, aus dem Bericht ging Grimaus Beteiligung an der Repression gegen die POUM klar hervor, und er mußte in seinem problematischsten Teilen erst beschönigt und beschnitten werden, bevor er auszugsweise in dem Band Aufnahme fand.“ (Semprún, S. 252.)
Im republikanischen Lager wurde sehr wohl gefoltert und gemordet. Nicht nur Angehörige der „fünften Kolonne“ oder des Klerus, sondern auch sozialrevolutionäre Antifaschisten wie die trotzkistische POUM (sp. Partido Obrero de Unificación Marxista, dt. Arbeiterpartei der Marxistischen Einheit), die von der stalinistischen Parteilinie abwichen, wurden Opfer von grausamen physischen und psychischen Gewalttaten (Solé i Sabaté/Villarroya, S. 244–248, 256f.; Preston, Spanish Civil War, S. 91 u. 131f.; Oviedo Silva, S. 103–108; Batista, S. 38–48; Pagès i Blanch, S. 48; Courtois/Panné, S. 373–378). In diesem Zusammenhang schreibt Helen Graham:
„Die Auseinandersetzung mit dem ‚inneren Feind‘ erforderte jedoch die Anwendung von Überwachungs- und Verhörtechniken, die mit den von der Republik verfassungsmäßig garantierten Grundrechten nicht vereinbar waren und gegen das Prinzip der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz verstießen.“ (Graham, S. 153, Hervorhebung im Original; siehe auch Collado Seidel, Der Spanische Bürgerkrieg, S. 130f.; Bernecker, S. 147–150; Schauff, S. 136).
Die Frage nach Grimaus tatsächlicher Verantwortung für Folterungen in der Zeit des Bürgerkrieges lässt sich demnach nicht mit bloßem Hinweis auf die hehren Prinzipien der Republik beantworten oder ad acta legen. In der fortschrittlichen Historiografie gilt Grimau dennoch generell als paradigmatisches Opfer franquistischer Polizeigewalt (Gómez Roda, S. 49; Preston, Franco, S. 708; Collado Seidel, Franco, S. 222; Juliá, S. 87).
Im Jahre 1990 ersuchte Grimaus Witwe, Ángela Martínez Lanzaco, die Militärkammer des Obersten Gerichtes Spaniens um die Rehabilitierung ihres Mannes. Unterstützt wurde sie durch den damaligen Generalstaatsanwalt Javier Moscoso. Das Gesuch wurde damit gerechtfertigt, dass keiner der Angehörigen des Gerichts von 1963 einen Abschluss in Rechtswissenschaften besaß – nicht einmal der Gerichtsberichterstatter – was gegen die damals geltende Militärstrafprozessordnung verstieß. Das Gesuch wurde mit sechs von sieben Stimmen abgewiesen. Nur Richter José Jiménez Villarejo sprach sich für eine Revision des Falles aus. Das Gericht argumentierte damit, dass keine Beweise für die Unschuld Grimaus erbracht worden wären. Ferner gälte es, die Rechtssicherheit und die Beachtung der beurteilten Sache zu schützen. Somit wurde Grimau zum zweiten Mal verurteilt. Das zweite Urteil besagte ferner, Grimau sei bereits durch die beiden Amnestiegesetze von 1976 und 1977 rehabilitiert worden, die den Straftatbestand der anhaltenden militärischen Rebellion getilgt hatten. Noch im selben Jahr unternahm die Witwe einen zweiten Versuch, diesmal vor dem spanischen Verfassungsgerichtshof. Zusätzlich wurde vorgebracht, die vorherige Instanz habe die in der Verfassung verankerten Grundrechte von Grimaus Erbinnen missachtet. Auf den Rekurs wurde nicht eingegangen.
Im Jahr 2002 wurde Grimaus Rehabilitierung auf politischem Weg versucht. Die linke parlamentarische Gruppe Izquierda Unida reichte einen Entschließungsantrag zur öffentlichen und demokratischen Rehabilitierung von Julián Grimau ein. Der Antrag wurde von allen politischen Gruppierungen unterstützt mit Ausnahme des regierenden konservativen Partido Popular, der über die absolute Parlamentsmehrheit verfügte. In der Debatte wurde die durch die Amnestiegesetze garantierte Straffreiheit für die Verbrecher des Regimes und die Nicht-Rehabilitierung von deren Opfern kritisiert. Der Antrag wurde schließlich abgelehnt (Jimeno Aranguren, S. 171–173; Carvajal, S. 249–262). Ángela Martínez Lanzaco verstarb im September 2019, ohne die Rehabilitierung ihres Mannes erlebt zu haben.
Eine Wende in der Sache trat erst ein durch das am 19. Oktober 2022 vom spanischen Parlament verabschiedete und von den Sozialisten und der linken Wahlallianz Unidas Podemos entworfene „Gesetz über demokratische Erinnerung“ (sp. Ley 20/2022 de Memoria Democrática). In Artikel 4.2 werden sämtliche politischen Urteile aus der Zeit des Bürgerkrieges und der Diktatur für ungültig erklärt. Den Opfern wird das Recht auf „moralische Wiedergutmachung und auf die Wiederherstellung ihrer persönlichen, familiären und kollektiven Erinnerung“ zuerkannt (Art. 4.1).
9. Würdigung
Die Erinnerung an Julián Grimau und ihr heroisierendes Narrativ lassen sich besonders deutlich in der linken, kommunistischen und antifranquistischen Ideenwelt erkennen. Etliche Straßen in der DDR wurden nach ihm benannt: In Berlin-Schöneweide und im thüringischen Sondershausen tragen noch heute Straßen den Namen des hingerichteten Kommunisten. Auch in Dresden wurde ihm eine Zeitlang eine Hauptstraße gewidmet (Dahn, S. 138). Bereits am 7. Juli 1963 wurde der „Löbauer Platz“ im sächsischen Zittau in „Julian-Grimau-Platz“ umgewidmet; die Namensänderung wurde hier später rückgängig gemacht. Zwei kubanische Krankenhäuser – eines in Havanna, ein weiteres in Santiago de Cuba – tragen ebenfalls seinen Namen, wobei letzteres fälschlicherweise „Julián Grimao“ genannt wurde.
Grimau wurde ferner in mindestens drei Liedern geehrt. Der spanische Liedermacher Chicho Sánchez Ferlosio (1940–2003), Sohn des Falange-Mitbegründers und Franco-Ministers Rafael Sánchez Mazas (1894–1966), komponierte 1963 seine Canción de Julián Grimau. Auch die chilenische Musikerin und Künstlerin Violeta Parra (1917–1967) verewigte Grimau in einer Strophe ihres Liedes Qué dirá el Santo Padre (dt. Was wird wohl der Heilige Vater sagen). Im Jahre 1976, dem Jahr seiner Ausbürgerung aus der DDR, erschien Wolf Biermanns Album Es gibt ein Leben vor dem Tod mit dem Lied Genosse Grimau:
Genossen!
In Madrids Morgenrot
Lebt Julian Grimau bei uns!
Lebt Julian Grimau bei uns!
Er lebt und ist doch tot
Er lebt und ist doch tot.
(Aus: https://lyricstranslate.com)
Julián Grimau genießt noch heute den Status eines Opfers der spanischen Militärjustiz. Die brachiale Gewalt, die gegen ihn angewandt wurde, die schwerwiegenden Verfahrensfehler, die konstruierten Zeugenaussagen und die Begründung des Urteils unterstellen die Existenz eines politisch-juristischen Komplotts und lassen keinen Zweifel an der verbrecherischen Natur dieses Rechtsfalls. Die Frage, ob er selber zum Täter wurde, kann in Bezug auf den derzeitigen Quellenbestand nicht geklärt werden.
10. Literatur (Auswahl)
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Spanischer Kommunist Julián Grimau hingerichtet, Saarländischer Rundfunk, ohne Datum [April 1963], https://www.sr.de/sr/mediathek/audio/IDA_RETRO_A-EDW_224.html, konsultiert am 8. Februar 2024.
Dietmar Rößler, Der Löbauer Platz ehrte einst einen Spanier, Sächsische Zeitung, 7. Juli 2013, https://www.saechsische.de/plus/der-loebauer-platz-ehrteeinst-einen-spanier-2612459.html.
Moisés Prieto
Mai 2024
Moisés Prieto ist assoziierter Forscher am Historischen Institut der Universität Bern. Forschungsschwerpunkte sind die Diktatur im 19. und 20. Jahrhundert, die Migrations- und die Mediengeschichte sowie die Geschichte der Emotionen. Er ist Autor von «Zwischen Apologie und Ablehnung. Schweizer Spanien-Wahrnehmung vom späten Franco-Regime bis zur Demokratisierung (1969–1982)» (Böhlau 2015) und publiziert in diversen Zeitschriften. 2016 bis 2018 Forschungsstipendiat der Stiftung Alexander von Humboldt.
Zitierempfehlung:
Prieto, Moisés: „Der Prozess gegen Julián Grimau, Spanien 1963“, in: Groenewold/ Ignor / Koch (Hrsg.), Lexikon der Politischen Strafprozesse, https://www.lexikon-der-politischen-strafprozesse.de/glossar/grimau-julian/, letzter Zugriff am TT.MM.JJJJ.
Abbildungen
Verfasser und Herausgeber danken den Rechteinhabern für die freundliche Überlassung der Abbildungen. Rechteinhaber, die wir nicht haben ausfindig machen können, mögen sich bitte bei den Herausgebern melden.
© Ulricus Angelus, Der Grabstein von Julian Grimau in Madrid, CC BY-SA 4.0